Unsere Reise durch Finnland und das Baltikum
2. Woche: von Helsinki nach Haapsalu

17.06.2018 Haapsalu
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Am Montag mussten wir von unserem Stellplatz am Zoo einmal quer durch die Innenstadt Helsinkis zum Fährterminal im Westhafen. Das ist nicht besonders weit, aber für die knapp 9 km brauchten wir immerhin etwas mehr als 45 Minuten. Das Einchecken und Verladen des Wohnmobils lief reibungslos und pünktlich um 13:30 Uhr legte das Schiff ab in Richtung Tallinn.




Genauso pünktlich erreichten wir die estnische Hauptstadt. Wenige Minuten nach dem Anlegen verließen wir bereits schon die Fähre. Den Platz den wir uns für die kommende Nacht ausgesucht hatten, lag etwa 6 km östlich der City. Der Campingplatz im Yachthafen ist wenig attraktiv, aber da wir unbedingt ver- und entsorgen mussten, nahmen wir die Mängel in Kauf. Besonders da der nächst bessere Platz gleich mehr als doppelt so teuer war.
Direkt von Yachthafen führt ein komfortabler Fahrradweg in die Innenstadt. Nachdem alle Arbeiten erledigt waren, setzten wir uns auf unsere Stahlrösser und ab ging es zur City.








Wir betraten die Altstadt von Tallinn durch die große Strandpforte. Sie ist das letzte erhaltene Tor der Stadtbefestigung und bildete den Ausgang zum Hafen. Dominiert wird das Bild von der Dicken Margarethe, einem mächtigen Turm, der im Laufe seiner Geschichte als Waffenlager, Pulverturm und Gefängnis diente.
Ich schreibe hier, dass wir die Innenstadt betreten haben und das ist wörtlich zu nehmen; denn unmittelbar nachdem wir das Stadttor passiert hatten, sind die Straßen nicht mehr asphaltiert, sondern mit groben Steinen aus Granit gepflastert. Wir haben ab dort freiwillig unser Fahrrad geschoben.
Die Stadtbesichtigung stand für den nächsten Tag auf dem Plan und so suchten wir uns am Rathausplatz nur ein nettes Restaurant um unseren Hunger zu stillen. Die hübsche Lage spiegelt sich auch ganz deutlich im Preis wieder: mäßige Qualität bei anspruchsvollem Preis.




Anschließend ging es auf gleicher Route wieder zurück zu unserem mobilen Zuhause. Der Dienstag stand dann aber ganz im Zeichen der Tallinner Altstadt. Am Vorabend hatten wir ganz in der Nähe der Strandpforte einen großen asphaltierten Parkplatz entdeckt, auf dem schon mehrere Wohnmobile standen. Auch wir parkten unserer WOMO nun dort, um von hier aus die Stadt zu erkunden.




Am frühen Morgen hatte es kräftig geregnet, aber jetzt war es wieder trocken und der Himmel meinte es von Stunde zu Stunde besser mit uns. Am Nachmittag hatten wir schon wieder den schönsten, blauen Himmel.
Es ging also wieder durch die Strandpforte, diesmal ohne Fahrräder, in die Altstadt.
Welch ein Unterschied zu Helsinki! Hier kann man wirklich von Altstadt sprechen; denn während in Helsinki die ältesten Bauten gerade einmal 200 Jahre alt sind, schauen die Häuser in Tallinn leicht auf 5 oder 6 Hundert Jahre zurück.
Die Gildehäuser mit ihren hohen Fassaden beeindrucken noch heute und lassen den Reichtum und Machtanspruch der Hanseatischen Kaufleute erahnen.




Mein Bericht kann kein Reiseführer werden und daher beschränkte ich mich hier nur auf einige wenige Punkte, die mir besonders gefallen haben. Dazu zählt natürlich das Rathaus, das den gleichnamigen, geräumigen Platz beherrscht. Das Gebäude wurde erstmals im Jahre 1322 erwähnt und hat sein äußeres im Wesentlichen seit dem Umbau im Jahre 1404 nicht mehr verändert.



Einen Besuch lohnt auch die Ratsapotheke, die ihre Dienste ununterbrochen seit 1422 anbietet.




Auf dem Burghügel sind gleich mehrere Baudenkmäler, die einen Besuch verdienen. Dazu zählt das Schloss, die orthodoxe Alexander Newski Kathedrale und der Marien Dom. Von hier oben hat man auch einen fantastischen Ausblick auf die Altstadt mit ihrer Stadtmauer und den noch zahlreich erhaltenen Türmen.




Wieder zurück in der Altstadt spazierten wir entlang den noch erhaltenen Teilen der Stadtmauer und bewunderten die mächtigen Wehrtürme aus der Nähe. Der strahlend blaue Himmel sorgte dafür, dass meine Fotos fast alle Postkartenqualität erreichten.
Gegen Abend trotteten wir dann ziemlich geschafft wieder zurück zu unserem WOMO. Die Füße taten uns zwar weh, aber wir waren mit dem Tag und dem Erlebten rundum zufrieden.
Am Mittwoch ging es dann weiter Richtung Osten. Den ersten Zwischenstopp legten wir nur wenige Kilometer von der City am Barockschloss Kadriorg ein. Das Schloss wurde von Zar Peter dem Großen in Auftrag gegeben und beherbergt heute das Estnische Kunstmuseum.




Vorbei durch die östlichen Vorstadtsiedlungen mit ihren wenig sehenswerten Plattenbauten ging es zur A1. Nach wenigen Kilometern war von der Großstadt nichts mehr zu spüren. In unmittelbarer Nähe zur Autobahn liegt der kleine Ort Joelähtme mit seiner fast 800 Jahre alten Steinkirche. Sie ist eine der ältesten Kirchen Estlands. Durch eine vergitterte Seitentür konnten wir zumindest einen kleinen Blick in das Innere der Kirche werfen.




Es ging wieder zur Autobahn um sie gleich an der nächsten Abfahrt wieder zu verlassen. Hier liegen direkt neben der Schnellstraße die bronzezeitlichen Steinkistengräber in denen die Menschen vor über 2000 Jahren beigesetzt wurden.




Nordöstlich von Joelähtme bildet der Fluss Jägala einen 8 m hohen Wasserfall. Leider waren die vergangenen Wochen hier sehr trocken, so dass wir keinen rauschenden Wasserfall, sondern eher ein Rinnsal herabstürtzen sahen.




Auf ruhigen und gut ausgebauten Landstraßen ging es dann durch eine waldreiche Landschaft relativ nahe an der Ostsee entlang nach Neeme und Kaberneeme. Wenn man nicht Acht gibt, hat man die Dörfer passiert ohne es gemerkt zu haben. Wir waren aber aufmerksam und so fanden wir in Kaberneeme ein hervorragendes Restaurant auf deren Terrasse wir bei einem fantastischen Blick auf das Meer, einen Mittagsimbiss zu uns nahmen.



Ansonsten war während der Fahrt die Sicht auf das Meer war fast überall von Bäumen versperrt, nur die Halteverbotsschilder deuteten an, dass hier Badestrände zu finden sind.
In der Nähe von Vosu, in Herzen des Lahemaa Nationalparks, fanden wir für die beiden nächsten Abende einen Stellplatz.




Für den nächsten Tag war radfahren angesagt. Nach dem Frühstück sattelten wir unsere Stahlrösser und es ging Richtung Käsmu auf die gleichnamige Halbinsel. Die Fahradwege bis Käsmu waren wieder ausgezeichnet. Der kleine Ort hat gerade einmal 100 Einwohnern. Ursprünglich war das Dorf ein Fischerort, wandelte sich zum Schmuglerort und erlebte eine kurze Blüte während der kurzen Zeit, in der die Schifffahrtsschule die meisten estnischen Käpitäne hervorbrachte. Heute ist, wenn auch auf bescheidenem Niveau, der Tourismus von Bedeutung.




Auf der Halbinsel und am Ufer der angrenzenden Bucht sind riesige Findlinge zu finden, die die Gletscher der letzten Eiszeit im Urstromtal, zu dem auch die Norddeutsche Tiefebene gehört, hinterlassen haben.
Einer der größten Findlinge ruht im Wald mitten auf der Halbinsel. Natürlich mussten wir den auch sehen. Zu dem Riesenstein und dann weiter in die Spitze der Halbinsel führt aber nur ein Waldweg, der aber recht gut mit dem Fahrrad zu bewältigen war.
Auf dem Rückweg ging es dann an unserem Stellplatz und am Ufer vorbei in die andere Richtung nach Vosu. Das Dorf hat immerhin 500 Einwohner, hat eine schöne Uferpromenade, einen neuen Yachthafen und lebt scheinbar ganz gut vom Tourismus.
Bis nach Narva und damit bis zur russischen Grenze waren es noch 160 km. Narva ist eine Stadt mit rund 60000 Einwohnern und liegt am gleichnamigen Fluss, der die Grenze zwischen Estland und der Russischen Förderation bildet. Die Hauptsehenswürdigkeit im Ort ist die Hermannsfeste, eine mittelalterliche Burg, die im 13. Jahrhundert von Dänen gegründet und Mitte des 14. Jahrhunderts an den Deutschen Orden verkauft wurde. Im zweiten Weltkrieg wurde die Burg fast vollständig zerstört, wurde aber inzwischen wieder in großen Teilen renoviert.




Direkt gegenüber der Hermannsfeste liegt auf der russischen Seite der Narva die Festung Ivangorod. Durchschreitet man die äußeren Mauern der Hermannsfeste und schaut auf das Haupthaus, wirkt die auf der gegenüberliegenden Seite der Narva liegende Festung wie ein Bestandteil der Hermannsfeste.












Wir besuchten noch kurz die lutherische Aleanderkirche und das alte Rathaus von Narva, bevor es weiterging nach Kuremae, wo wir am kommenden Tag das Kloster Pühtitsa besuchen wollen.
Morgens um 8 Uhr trafen schon die ersten Busse mit Gläubigen, überwiegend Frauen, auf dem Parkplatz am Kloster ein. Gleichzeitig bauten die Händler ihre Stände auf. Angeboten wurde alles, mit dem man (gut-)gläubige Menschen beglücken Kann: Kerzen, Ikonen, Gefäße in denen das heilige Wasser aufgefangen und nach Hause getragen werden kann, usw.




Das in Estland und im angrenzenden Russland bekannte orthodoxe Nonnenkloster wurde Ausgang des 19. Jahrhunderts gegründet und beherbergt heute noch ca. 100 Klosterschwestern, die die geräumige Anlage weitgehend selbst bewirtschaften und instand halten. Die Schwestern leben in kleinen Häusern, die sich um die Kathedrale scharen.
Der Legende nach kam es Anfang des 17. Jahrhunderts hier zu einer Erscheinung und dem Auffinden einer Ikone. Spätestens seit diesem Zeitpunkt gilt der Ort als geheiligt. Nur wenige Meter außerhalb der Klostermauern entspringt eine "heilige" Quelle, an der die Gläubigen ihre großen und kleinen Plastikflaschen mit dem kostbaren Nass füllen.




Ob die Nonnen hier ein erfülltest und befriedigendes Leben führen, weiss ich nicht. Auf uns wirkten sie jedoch eher mürrisch und abweisend.
Von dort aus ging es weiter nach Tartu, der mit ca. 100000 Einwohnern zweitgrößten Stadt des Landes. Unterwegs kamen wir am Ufer des Peipus Sees vorbei und kaufen uns am Straßenrand frisch geräucherten, noch warmen Zander, eine echte Delikatesse.
In Tartu fanden wir in der Nähe eines Sportgeländes einen ruhigen Stellplatz. Von dort ging es dann zu Fuß in die Innenstadt.




Auf dem Weg dorthin spazierten wir auf mehreren hundert Metern an den klassischen, estnischen Holzhäusern vorbei, die teils liebevoll renoviert wurden, teils aber auch noch dringend Hilfe bedürfen. Die Johanniskirche, ein gotischer Backsteinbau aus dem 13. Jahrhundert. Bekannt ist die Kirche für ihre ursprünglich 2000 Terrakottafiguren, von denen heute noch etwa die Hälfte erhalten ist.








Das Stadtzentrum bildet das Rathaus mit dem davorliegenden Marktplatz, der von vielen schönen Jugendstilhäusern gesäumt ist. Auf dem Toomemägi, dem Domberg befindet sich das Observatorium und die Ruine des mittelalterlichen Doms, in dessen erhaltenen und ausgebauten Chor sich das Universitätsmuseum befindet.








Von Tartu aus machten wir dann wieder einen großen Sprung an die Westküste Estlands, nach Haapsalu. Die Hauptstraßen, alle nur zweispurig, sind in Estland durchweg sehr gut ausgebaut. Auf der 250 km langen Strecke konnte ich meist den Tempomat auf 80 km/h einstellen und das Auto einfach laufen lassen und so benötigten wir noch nicht einmal 4 Stunden um die Distanz zu überwinden.

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