Das letzte Teilstück der Panamericana
Entlang der großen Seen

14.08.2016 Ottawa
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Die beiden Tage am Falcon Lake im Whiteshell Provincial Park haben richtig gut getan. Im letzten Berichtszeitraum hatten wir immerhin rund 3500 km zurückgelegt und erreichten damit ziemlich exakt die Mitte Kanadas zwischen Pazifik und Atlantik. Am Montag Morgen sollte es weiter in Richtung der großen nordamerikanischen Seen gehen. Wir mussten nur noch Tanken und das Brauchwasser entsorgen, was auch alles kein Problem war. Aber dann:




Ich wollte den Motor starten und nichts, aber auch gar nichts geschah. Die Kontrollleuchten zeigten nichts ungewöhnliches an. Die Batterie war randvoll. Was war los. Unsere Gesichter signalisierten nur Ratloskeit. Gott sei Dank, war die Tankstelle nur etwa 100 Meter entfernt. Inge machte sich dahin auf, Hilfe zu holen, während ich noch rührend bemüht war, eine Ursache ausfindig zu machen.
Die Hilfsbereitschaft war spontan und nach wenigen Minuten war jemand zur Stelle, der uns weiterhelfen wollte, aber leider auch nicht konnte. Aber immerhin, ein Abschleppwagen war organisiert, der lud uns huckepack auf und es ging rund 150 km zurück nach Winnipeg in eine Werkstatt, die sich auf Autoelektrik spezialisiert hat. Die Werkstatt war bereits informiert.
Während wir auf den Service Manager warteten - jeder ist hier ein Manager - entwickelte sich in uns ein ungutes Gefühl. Ich kam mir vor, als sei ich 50 Jahre zurück versetzt und befände mich in meiner ehemaligen Lehrwerkstatt. Überall lagen Anlasser, Lichtmaschinen und andere Autoteile, die irgend etwas mit Elektrizität zu tun hatten. Teils auseinander gebaut, teils mit sichtlichen Gebrauchsspuren. Auch das Personal schien bereits deutlich in die Jahre gekommen zu sein. Na dann ...



Nach einigen Minuten erschien Sig, der Service Manager, ein freundlicher Herr in meinem Alter und meinte gelassen: Er könnte zwar nichts versprechen, schaue sich die Sache aber einmal an. Und dann noch ein Fiat. Schnell hatte er festgestellt, dass der Anlasser von Bosch war und damit stieg sein Optimismus, uns zu helfen. In kurzer Zeit war der Anlasser ausgebaut und auch die Ursache für sein Versagen gefunden:
Aus einem porösen Kühlwasserschlauch tropfte Wasser auf den Anlasser, wodurch beim Starten Funken entstanden, die die Schleifkontakte (Bürsten) verbrannten. Ein neuer Anlasser gleichen Typs war natürlich in Kanada kaum aufzutreiben. Jetzt trat der wahre Handwerker in Erscheinung:
Der Anlasser wurde in seine Einzelteile zerlegt und gereinigt. Irgendwoher hatte er gleiche oder ähnliche Bürsten. In weniger als einer Stunde war der Anlasser repariert und die Undichtigkeit beseitigt. Nun hieß es nur noch alles wieder zusammenbauen, bezahlen und wir waren wieder ""on the road"". Zusammengefasst:

Kleine Ursache - Großes Theater

Wir fuhren noch 250 km Richtung Osten und schlugen im Rushing River Provincial Park unser Nachtlager auf. Obwohl wir nicht gerade viel an dem Tag unternommen hatten, waren wir doch irgendwie geschafft. Man weiss ja zunächst nicht, wie es weitergeht. Eventuell müssen ja auch Ersatzteile aus Deutschland beschafft werden und das kann einige Tage dauern. Aber wir hatten Glück gehabt. Dank des Könnens und der Einsatzbereitschaft des Service Managers Sig waren wir am gleichen Tag wieder fahrbereit und unser anfänglich ungutes Gefühl war absolut nicht gerechtfertigt.




Wie schon in den vergangenen Wochen, hangelten wir uns auch am Dienstag wieder am Kanada Highway entlang nach Osten. Unsere Tagesziele sind meist Provincial Parks, da sie fast immer herrliche Stellplätze in ausgesucht schöner Umgebung bieten und dazu auch noch äußerst günstig sind. In den Parks gibt Trails von wenigen hundert Metern bis hin zu Tagestouren. Sie ermuntern dazu, nach einem langen Fahrtag noch ein wenig die Beine zu bewegen, was wir auch immer wieder gerne wahrnehmen. Vorausgesetzt natürlich es regnet nicht.
Unterwegs haben wir in Dryden, einer kleinen Industriestadt, unsere Vorräte aufgefrischt. Dabei kam es dann, wie so oft in den vergangenen Monaten, wenn wir mit unserem WOMO auf einem Parkplatz stehen, wieder zu unverhofften Begegnungen mit den Einwohnern. Mal interessiert sie nur unser Auto, mal wecken die Flaggen auf der Rückfront ihre Aufmerksamkeit, mal ist es nur das deutsche Nummernschild, das Leute dazu bewegt uns anzusprechen.
Dieses Mal war es eine ältere Frau, die eigens hinter unserem Wohnmobil anhielt, ausstieg und frug, ob wir wirklich aus Deutschland seinen. Es stellte sich heraus, das sie während des Krieges in Deutschland geboren wurde und als Kleinkind nach Kanada gelangte. Nach anfänglichen Zögern versuchte sie sogar mit uns in deutsch zu sprechen. Als sich dann noch herausstellte, dass wir ihren Geburtsort wenigstens dem Namen nach kannten, war sich sichtlich beglückt.
Weiter ging dann unsere Reise zum Kakabeka Falls Provincial Park. Die Wasserfälle zu besuchen, hoben wir uns für den kommenden Tag auf, was allerdings ein Fehler war. Am Mittwoch Morgen war das schöne Wetter vorbei und wir konnten zumindest noch gerade rechtzeitig, bevor es anfing zu regnen, einige Bilder bei grauen Himmel machen. Der Kaministiquia River stürtzt unter ordentlichem Getöse etwa 40 Meter in die Tiefe und bietet ein spektakuläres Schauspiel.



Von dort ging es dann zum Fort William Historical Park, einem Museumspark nahe der Stadt Thunder Bay, das an Ort und Stelle originalgetreu wieder aufgebaut wurde und in dem das Leben aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts nachgestellt wird.
Das Fort diente der North West Company, die später von der Hudson Bay Company übernommen wurde, als Hauptumschlagsplatz für Pelze. Aus dem Süden kamen jeden Sommer die Händler und aus dem Norden die hartgesottenen Trapper und machten ihre Gschäfte und die Company verdiente immer mit. Außerhalb des Forts zeigten Nachkommen der indigenen Stämme, wie sich das Leben ihrer Vorfahren zur damaligen Zeit abspielte. Wie vor über 200 Jahren arbeitet das Museumspersonal kostümiert in Salons, Schmiede, Lagerhäusern oder als Indianer. Wir hatten das Gefühl, das hier jederzeit wieder das echte Leben einkehren könne.



Thunder Bay selbst, eine moderne Industriestadt, umfuhren wir auf dem Highway. Erstens besitzt die Stadt kaum weitere Sehenswürdigkeiten und zweitens regnete es so stark, dass wir keine Lust verspürten, ein weiteres Mal nass zu werden.
Wir fuhren anschließend 200 km am nördlichen Ufer des Lake Superior entlang bis zum Rainbow Falls Provincial Park. Das Wetter hat sich deutlich verbessert und wir wollten nicht noch einmal den Fehler des Vortages begehen und machten uns noch am Abend auf, dem Wasserfall unsere Auswartung zu machen.



Die Fahrt über den Kanada Highway ab Winnipeg ist gar nicht so eintönig wie häufig beschrieben. Am Anfang ist der Highway vierspurig und eine sehr, sehr breite Schneise erst durch Getreidefelder und nach etwa 100 km durch den Wald. Dort wo der Wald zurückweicht, breiten sich Feuchtgebiete mit Schilf aus, in denen man von der Straße aus immer wieder Wasservögel beobachten kann. Ab dem Whiteshell Provincial Park ist der Highway überwiegend zweispurig mit Überholabschnitten. Die Landschaft ändert sich grundlegend. Rechts und links der Straße verteilen sich Dutzende von Seen, deren Wasser bläulich Grün in der Sonne schimmern. Sie sind teils kleiner als der Laacher See, aber einige auch mehrfach größer als der Bodensee. Gesäumt werden sie von dunklen Mischwäldern. Dort, wo der Highway sonst zu große Steigungen bewältigen müsste, durchbricht er brutal die Berghänge und zu beiden Seiten der Straße erheben sich steile, pink leuchtende Granitwände von zwanzig und mehr Metern. Dieses Wechselspiel von Wasser, Wald und Granit hat durchaus seine Reize.



Ab Thunder Bay schlängelt sich der Kanada Highway zunächst am nördlichen Ufer des Lake Superior entlang. Wir brauchten bis Freitag Mittag, bis wir Sault Ste. Marie, an der südöstlichsten Ecke des Sees erreicht hatten. Die Stadt liegt am nördlichen Ufer des Ste. Marie Rivers, der den Lake Superior mit dem Lake Huron verbindet. Der nur 120 km lange Fluss spring auf dem Weg zum Lake Huron im Bereicht Stadt über tausende von Felsbrocken und verliert dabei einen Höhenunterschied von immerhin 8 Metern. Auch die Stadt am gegenüberliegenden Ufer des Flusses heißt Sault Ste. Marie, nur, dass sie eben zu den USA gehört. Selbstverständlich nutzen beide Staaten die Wasserkraft zur Energiegewinnung und im Uferbereich beider Städte befinden Sich Schleusen, die es auch großen Schiffen ermöglichen, vom Lake Huron in den Lake Superior zu gelangen. Nur in der Mitte des Strom kann das Wasser noch ungebremst über die klippen tanzen.



Später ging es dann noch einmal 200 km am nördlichen Ufer des Lake Huron bis zum Chutes Provincial Park, wo wir unser Nachtlager aufschlugen.
Bevor wir am Samstag unsere Fahrt Richtung Osten fortsetzten, besuchten wir noch im Provincial Park kurz den Wasserfall des Aux Sables Rivers. Der Fluss war in früheren Jahren für die Holzwirtschaft von großer Bedeutung, da auf ihm im Frühling während der Schneeschmelze Unmengen von Holz aus den nördlichen Wäldern in den Lake Huron transportiert wurden.



Langsam merken wir auch, dass hier in Kanada der Sommer zu Ende geht. Die Blätter einzelner Bäume beginnen sich schon zu verfärben und der Farn am Waldessaum ist auch schon häufig gelb oder gar braun. Auch der Fireweed, der uns über weite Strecken am Straßenrand begleitet hat, ist verblüht, was laut Aussage der Einheimischen ein eindeutiges Anzeichen dafür ist, dass der Sommer zu Ende geht.
Auf der 280 km langen Fahrt zum Samuel de Champlain Provincial Park hat es nur geregnet, teilweise so stark, dass ich die Fahrtgeschwindigkeit deutlich reduzieren musste. Von der Landschaft haben wir so gut wie nichts wahrnehmen können.
Am Sonntag ging es dann in die kanadische Hauptstadt Ottawa.

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