Das letzte Teilstück der Panamericana
Geschafft !!!

17.06.2016 Fairbanks, Alaska
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Manchmal fällt es mir schwer einen halbwegs passenden Titel für den Wochenbericht zu finden. Für diesen Bericht fallen mir gleich mehrere Titel ein und es fällt mir schwer, mich für einen zu entscheiden.
Das, was wir in den letzten Tagen unternommen haben, rundet einen über Jahrzehnte währenden Traum ab - Die Reise vom südlichen Ende des amerikanischen Kontinents, Ushuaia zum nördlichen Rand, an den Arktischen Ozean.
Als wir 2010 auf unserer Panamericanatour Kanada erreichten, war es zu spät im Jahr, um noch bis in den Norden Alaskas zu fahren. Diese Lücke zu schließen, war eine der Hauptmotivationen für diese Reise.



Etwas war anders als bei den anderen Reiseabschnitten, als wir am Sonntagmorgen in Fairbanks zu dieser letzten Etappe nach Norden starteten. Es war dieses Gefühl, ein lange anvisiertes Ziel nun endlich erreichen zu können. Und dabei war die Strecke, die vor uns lag, bei weitem nicht die Einfachste. Von Fairbanks bis zur Prudhoe Bay am Eismeer beträgt sie laut meinem Navi 497 Meilen (795 km).
Der erste Abschnitt, der
Elliott Highway, ist zwar asphaltiert, aber alles andere als einfach zu fahren. Durch den antauenden Permafrost wird die Straße sehr uneben. Es bilden sich Mulden und Kuppen, die nicht die gesamte Straßenbreite einnehmen. Dadurch wird das Auto zusätzlich hin und her geworfen.
Nach 82 Meilen (133 km) endet die asphaltierte Straße und es geht auf einer Schotterpiste weiter. Zwischendurch sind einige Straßenabschnitte asphaltiert, aber die meisten sind in einem Zustand, dass man sich freut, wieder auf Schotter fahren zu können. Die Schlaglöcher im Asphalt wirken wesentlich härter als Kuhlen auf der Piste. Die Schlaglochdichte ist so groß, dass es unmöglich ist, allen auszuweichen.
Dieser 414 Meilen (662 km) lange Abschnitt bis zur Prudhoe Bay nennt sich Dalton Highway und wurde Mitte der 1970er Jahre für die Arbeiten an der Trans Alaska Pipeline erstellt und später für die Versorgung der Ölfelder am Eismeer und die Wartungsarbeiten an der Pipeline genutzt. Die Nutzung der Straße war zunächst nur für diese Aufgaben erlaubt. Erst ab 1994 dürfen auch Privatpersonen die Straße befahren.
Auf dem gesamten Dalton Highway gibt es bis auf einige Tankstellen und Reifendienste so gut wie keinen Service. Will man die Strecke befahren, muss man sich bereits in Fairbanks mit ausreichend Vorräten eindecken. Das gilt insbesondere für Wasser. Oberflächenwasser aus Flüssen und Seen ist zwar scheinbar sauber, aber das Giardia-Parasit ist sehr verbreitet und kann zu schwerwiegenden Erkrankungen führen.
Am Sonntagmorgen war das Wohnmobil vollgetankt und startklar. Am Tag zuvor hatten wir uns noch einmal intensiv in Fairbanks im Visitor Center über den Straßenzustand informiert. Es gab keinen Grund, diesen letzten Abschnitt nicht zu wagen.



Die Fahrt über den Elliott Highway durch die Taiga nach Norden verlief wie erwartet zügig und problemlos. Nach 2 1/4 Stunden war der Abzweig zum Dalton Highway in Höhe der Ortschaft Livengood erreicht. Nun wurde es etwas spannender. Nach nur etwa 100 m war der Asphalt zu Ende und es lagen weitere 414 Meilen überwiegend Gravelroad vor uns. Auf den ersten Meilen war der Highway überwiegend in einem sehr guten Zustand, kaum Waschbrettstrecken und auch der Schwerlastverkehr hielt sich in Grenzen. Die Landschaft hat sich nicht verändert, nur dass nun die Trans Alaska Pipeline unser ständiger Wegbegleiter ist. Mal verläuft die Pipeline ganz nahe der Straße, dann so weit abseits, dass man sie nicht sieht.
An Milepost 56 (km 90) erreichen wir den Yukon, der den gesamten Nordwesten Kanadas und fast ganz Alaska entwässert und in die Beringsee mündet. Auf einer gemeinsamen Brücke überqueren die Straße und die Pipeline diesen breiten Fluss.



Am Nordufer machen wir Pause, erkundigen uns im an der Visitor Contact Station noch einmal über den Straßenzustand und lassen uns gerne auf einem Zertifikat bestätigen, dass wir hier waren. Freundlicherweise bekommen wir auch hier schon die Stempel, dass wir den Polarkreis und die Brooks Range überquert haben.



Nördlich des Yukon verläuft der Highway in nordwestlicher Richtung durch eine hügelige Landschaft zwischen 200 m und 500 m Höhe, mit teils ordentlichen Steigungen und Gefällen. Die Trucker haben diesen Hügel so schöne Namen wie Roller Coaster, Beaver Slide und Gobblers Knob gegeben.
Ab Milepost 90 (km 144) ist der Highway für 114 Meilen (184 km) asphaltiert, aber eben am Anfang in den Zustand, dass man sich nach dem Schotter sehnt. Bei Milepost 98 (km 156) machen wir an den Finger Mountains einen Fotostopp. Hier ragen 110 Millionen Jahre alte, harte Gesteinsformationen in den Himmel, die der Landschaft ihren Namen gaben.



Der nächste Höhepunkt war natürlich die Überquerung des Polarkreises bei Milepost 115 (km 184). Von nun an würde also die Sonne nicht mehr hinter dem Horizont verschwinden und der Tag 24 Stunden lang hell sein. Auch in den vergangenen Tagen war nachts von richtiger Dunkelheit natürlich nichts mehr zu spüren.



Nachdem die üblichen Bilder geknipst waren, ging es weiter unserem Tagesziel Gobblers Knob (Milepost 132, km 211) entgegen. Kurz hinter dem oben beschriebenen Hügel befindet sich ein Parkplatz, den wir für die anstehende Nacht nutzten.
Montagmorgen ging es weiter, nun in leicht nordöstlicher Richtung. Bis Coldfoot (Milepost 175, km 280) bewegen wir uns durch das Tal des Jim Rivers auf etwa 400 m Höhe. In Coldfoot besteht die letzte Chance noch einmal vor dem Ende der Welt Diesel zu tanken. Es liegt immerhin noch eine Strecke von rund 400 km vor uns. Also wird der Tank gefüllt. Zu sehen gibt es in Coldfoot nichts und das Arctic Interagency Visitor Center öffnet erst in über einer Stunde. Also geht es direkt weiter. Einige Kilometer vor Coldfoot wurde die Straße besser und bis zur Milepost 204 (km 326) sogar hervorragend, bevor sie wieder in einer Schotterpiste mündete.
Bei Milepost 189 (km 302) machten wir einen Abstecher nach Wiseman. Der kleine Ort wurde 1907 zu Zeiten des Gold Rush gegründet und es scheint, als ob die Zeit stehen geblieben sei. Hier treffen wir gleich am Ortseingang Harry Leonhard, ein ältere Herr, den wir schon in Fairbanks im Film über die Brooks Range kennengelernt haben. Ein Urgestein, der hier sein kleines, privates Gold Rush Museum betreibt und uns bereitwillig seine Schätze zeigt.



Der Spaziergang durch den Rest des Dorfes kam uns wie eine Zeitreise vor, die uns um 100 Jahre zurück versetzt. Nur an vereinzelten Gegenständen wie Autos, die aber meist auch schon 30 und mehr Jahre auf dem Buckel hatten, und modernem Kinderspielzeug, merkten wir, dass die Zeit auch hier nicht stehen geblieben war.



Am Ende der Asphaltstrecke ragt die 1338 m hohe, schroffe Felswand der Sukakpak Mountains in den Himmel, bevor es langsam aber sicher immer höher und tiefer in die Brooks Range geht und wir bei Milepost 244 (km 390) den 1422 m hohen Atigun Pass erreichten. Die steile Auffahrt war auf dem losen Schotter gar nicht so einfach und ich musste erstmals überhaupt bei meinem Wohnmobil die Traktinssperre einlegen, um nicht nach einer Straßenseite abzudriften.
Kurz hinter der Passhöhe legten wir unsere Mittagspause ein. Das Wasser des Baches, der nur wenige Meter neben unserem Wohnmobil Richtung Norden plätscherte, findet seinen Weg bis in den arktischen Ozean; denn der Pass ist auch gleichzeitig Wasserscheide. Die Landschaft änderte sich schlagartig. Prägten bis zum Passanstieg noch Nadelbäume das Landschaftbild, waren es jetzt nur noch Gräser. Wir hatten die Tundra erreicht.



Leider ist die Passhöhe auch eine Wetterscheide. Es fing an zu regnen, der uns für den Rest des Tages nicht mehr verließ. Teilweise sank die Sicht unter 200 m und die Straße wurde schmierig und glatt. Meine Wohnmobil hat nun die Farbe, auf die viele Alaskafahrer stolz sind: Graubraun.
Am Happy Valley, einem Camp der Pipelinebauer, (Milepost 334, km 534) beendeten wir unsere Tagesetappe und hofften auf besseres Wetter für die nächsten Tage.
Womit wir auch nicht ganz Unrecht hatten. Am Montag erreichten wir nach 80 weiteren, teils sehr harten Meilen (128 km) das Ende des Dalton Highways. Die letzten 35 Meilen waren besonders anstregend. Fast die gesamte Strecke war eine nicht enden wollende Baustelle, auf der die Fahrbahn samt Unterbau erneuert wurde. Über viele Kilometer mussten wir über relativ grobe und spitze Steine fahren, was für unsere Reifen gerade nicht ideal war, aber wir haben es ohne Schaden geschafft. Um 12:15 Uhr war es soweit: Der Dalton Highway endet nach 414 Meilen (662 km) absolut unspektakulär und wir hatten unser Ziel, die Panamericana zu vollenden, erreicht. - Geschafft!



Deadhorse, wie sich der Flecken nennt, ist eigentlich gar keine Ortschaft, sondern ein riesige Lagerplatz mit allem was notwendig ist, um ein Ölfeld zu betreiben und auszubeuten. Das geht vom Ersatzreifen bis zur kompletten Caterpillar, und vom Bohrgestenge bis zum Wohncontainer für die Arbeiter. Täglich werkeln hier bis zu 1500 Menschen, wo von aber beim letzten Mikrozensus nur ein Ehepaar mit seinen drei Kindern hier gemeldet war.



Die Prudhoe Bay, das heißt der arktische Ozean, ist nicht öffentlich zugänglich. Hier befinden sich die Ölfelder, für die die BP der größte Konzessionär ist und die damit auch den Zugang kontrolliert. Mindestens einen Tag vorher muss man einen Shuttle-Service buchen, der die Besucher bis ans offene Meer und zurück bringt. Es ging über viele Pipelines und an vielen Pumpstationen vorbei noch weitere 11 Meilen (17 km) nach Norden. Aber es hat sich gelohnt.
Unsere Anstrengungen wurden auch vom Wetter belohnt. So etwas haben wir mit eigenen Augen eben noch nicht gesehen. Das Meer war, so weit das Auge reichte, noch mit Eisschollen bedeckt. Die unterschiedlichen Blautöne des Meeres bildeten eine vollkommene Harmonie mit dem Blau des Himmels und dem Weiß und Grau der Eisschollen.



Wir waren insgesamt 12 Personen im Shuttlebus. Drei jüngere Leute packten sich ein Herz und nahmen ein kurzes, sicher sehr erfrischendes Bad im Meer. Inge hat immerhin noch die Finger ins Wasser gesteckt. Ich noch nicht einmal dies.
Nachdem wir wieder in Deadhorse angekommen waren, suchten wir uns einen Platz unmittelbar am Sag River, tranken auf den Abschluss unserer Panamericana Tour eine extra bis hier her mitgebrachte Flasche Riesling aus Leutesdorf und ließen unsere Gedanken über viele tausend Kilometer entlang unserer Traumstraße über den amerikanischen Kontinent gleiten. Wir haben damit für uns ein großes Ziel erreicht und ein große Traum hat sich erfüllt. Ein tolles Gefühl.
Nun liegen wieder anstrengende 800 km zurück nach Fairbanks vor uns. Bis zum Atigun Pass waren es 170 Meilen (272 km). Es war wenigsten nicht mehr ganz so nass und die Sicht war auch wesentlich besser. Wir haben sogar eine Karibuherde beobachten können, die, völlig unbeeindruckt von uns, relativ nahe an der Straße graste. Kurz nach Mittag erreichten wir wieder die Passhöhe.



Mit der Passhöhe änderte sich auch schlagartig wieder das Wetter. Weitere 40 Meilen (64 km) südlich an den Sukakpak Moutains beendeten wir unsere Tagesreise bei schönstem Wetter und wir konnten endlich einmal bei 25 Grad Celsius den Sommer in Alaska genießen. Die schroffe Felswand leuchtete extra für uns in der Nachmittagssonne.



Am Donnerstagmorgen traten wir die letzte Etappe auf dem Dalton Highway an. Es ging noch einmal über 204 Meilen (326 km) bei schönstem Wetter Richtung Süden bis zum Ende des Highway und dann noch einmal 80 Meilen (128 km) bis nach Fairbanks. Am Arctic Circle und vor der Yukon Überquerung legten wir Pausen ein. Gegen 17 Uhr war auch der letzte Abschnitt des Dalton Highways abgearbeitet und wir erreichten wieder den Elliott Highway.
Für unsere Verhältnisse hatten wir damit ein kleines Abenteuer überstanden. Viele Horrorgeschichten, die über den Dalton Highway erzählt werden, können wir nicht bestätigen. Auch die Geschichten über rücksichtslose Trucker können wir nicht bestätigen, im Gegenteil.



Die Anforderungen an das Fahrzeug und an den Fahrer sind schon beachtlich, besonders dann, wenn der Wettergott nicht mitspielt und wie auf unserer Tour die Straße streckenweise in eine glitschige Rutschbahn verwandelt. Aber man kann es schaffen und in unserem Falle hätte ohne diesen letzten Abschnitt einfach etwas gefehlt. Wir haben uns in Rio Gallegos eigens einen Leihwagen genommen, um nach Ushuaia ans südliche Ende auf Feuerland zu gelangen, weil unser Wohnmobil nicht fitt war. Nun, da das WOMO und wir fitt waren, musste natürlich auch der nördliste Abschnitt gefahren werden.



Am Freitag folgte dann der letzte Akt. Unser Wohnmobil bedurfte einer Reinigung von Innen und Außen, ob wohl eine gute Freundin schrieb: ""Euer Womo sieht auch gezeichnet aus ... ausgezeichnet, ich würde es nie wieder waschen!"

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