Das letzte Teilstück der Panamericana
Kanada ist erreicht

14.05.2016 Banff, Alberta
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Auf unserem Weg nach Norden lag noch ein lohnendes Ziel in den USA vor uns: der Glacier National Park. Aber das Wetter machte uns einen dicken Strich durch unsere Planung. Am Sonntag hatten wir in Helena noch angenehme 27 Grad, doch in der Nacht zum Montag kam ein kräftiger Temperatursturz. Am Montag Morgen waren es in Helena noch gerade einmal 10 Grad. Je weiter wir nach Norden kamen, desto unwirtlicher wude das Wetter. Obwohl wir nur knapp 200 Meter an Höhe zulegten, sank die Temperatur immer weiter Richtung Nullpunkt. Sobald wir höher als 1300 m kamen, verwandelte sich der Regen in Schnee. Am Tagesziel St. Mary, dem Eingang zu amerikanischen Teil des nationalparks, angekommen, bot sich uns ein trostloses Bild. Alles hatte geschlossen und der von uns ins Auge gefasste Campground schien uns unerreichbar, zumal es unsicher war, ob er überhaupt geöffnet hatte. Wir mussten befürchten, über Nacht eingeschneit zu werden. Also beschlossen wir nach einer Pause, die Flucht nach vorne anzutreten und schon einen Tag früher als geplant nach Kanada einzureisen. Damit hatte sich der Besuch im ameriknischen Glacier National Park erledigt.



Die Entscheidung war richtig. Nach einer knappen halben Stunde und nur 30 km weiter erreichten wir die kanadische Grenze.Der Grenzübergang liegt auch wenige Kilometer weiter östlich der Rocky Mountains, was zur Folge hat, dass die vom Osten her aufziehenden Wolken erst einige Kilometer weiter westlich damit begannen, ihre Schneelast abzuladen. Hier war es schon einige Grad wärmer und alles schneefrei.



Der Grenzübergang gestaltete sich absolute problemlos. Der Grenzbeamte war freundlich und wunderte sich, dass wir mit einem deutschen Fahrzeug hier durch die Lande ziehen. Nach wenigen Minuten hatten wir unseren Einreisestempel im Reisepass und damit die Erlaubnis uns für ein halbes Jahr in Kanada frei bewegen zu können. Nach einer weiteren knappen halben Stunde und rund 30 km weiter erreichten wir Cardston, ein kleiner Ort mit einem Campingplatz und damit waren wir an dem Tag richtig zufrieden.
Der Glacier National Park bildet mit dem kanadischen Waterton Lakes National Park eine Einheit. Also versuchten wir am Dienstag wenigsten ein kleinen Eindruck der uns entgangenen Parklandschaft noch zu retten und fuhren nach Waterton Village, dem kanadischen Zentrum des National Parks. Hier bewunderten wir als erstes die herrliche Lage des Prince of Wales Hotel, das auf einem Bergrücken zwischen Mittel- und Obersee thront und wie eine Burg den Übergang zwischen den beiden Seeteilen beherrscht.



Für das Hotel hat die Saison noch nicht begonnen und so konnten wir nur die äußeren Anlagenteile betrachten. Man kann sich schon vorstellen, hier oben einen angenehmen, ruhigen Erholungsurlaub der gehobenen Klasse zu verbringen.
Angezogen von ein paar Dickhornschafen, die sich wenige Meter an einer Straßeneinmündung als Fotomodell anboten, bogen wir auf eine Seitenstaße ein, machten einige schöne Aufnahmen. Da die Straße gut ausgebaut war, fuhren wir einfach ein Stück weiter und immer weiter. Wie sich herausstellte, befanden wir uns auf dem Akamina Parkway, der uns auf rund 1650 m Höhe und dort in eine wunderbare Winterlandschaft führte. Das besondere war, das die Laubbäume eben nicht mehr kahl, sondern schon das frische Grün des Monats Mai trugen und der Schnee Zentimeter dick auf den zarten Blättern lastete. Der Parkway endet am Cameron Lake, der auf Grund der Wetterverhältnisse allerdings nicht erreichbar war.
Der Cameron Lake ist auch die Quelle des Cameron Creeks, der sich am Akamina Parkway entlang schlängel um sich dann am Ortsrand der Village über 20 Meter tosend in die Tiefe zu stürzen.



In Waterton Village fanden wir einen schönen Stellplatz, auf dem wir einen sonnigen Abend und eine ruhige Nacht verbringen durften, nicht allerdings ohne zuvor einen Spaziergang entlang des Seeufers und durch die Straßen der Siedlung gemacht zu haben. Der Himmel klarte immer mehr auf und so hatten wir vom Ufer aus einen herrlichen Blick auf die den See umgebende Bergkulisse.
Nächste Station: Fort Macleod, eine Kleinstadt auf dem Weg nach Calgary und nur rund 100 km von Waterton entfernt. Der Ort liegt am Oldman River und wird von etwa 3000 Seelen bevölkert. Wir machten einen Spaziergang über die Mainstreet mit Ihren aus der Gründerzeit stammenden Steingebäuden, vorbei am namensgebenden Nachbau des ehemaligen Forts und weiter zum Fluss.



Der Grund hier Station zu machen liegt 20 km westlicht der Ortschaft und ist ein Weltkulturerbe. Es ist keine besonderes Gebäude oder gar eine Ansiedlung, sondern Schlicht eine felsige Abbruchkante mitten in der Prärie. Sein Name: Had-Smashed-In Buffalo Jump. Hier fand über tausende von Jahren alljährlich, wenn es die Bedingungen erlaubten, der sogenannte Buffalo Jump statt. Die Prärie-Indianer versetzten im Herbst ganze Büffelherden in Panik gezielt auf die 300 m lange Klippe zu. Die Tiere stürzten dabei rund 12 m in die Tiefe. Die Indianer konnten so mit relativ geringem Aufwand riesige Fleischvorräte für den nahenden, harten Winter anlegen.



Der seltsame Name geht auf eine 150 Jahre alte Legende zurück, der zur Folge ein junger Krieger den Sturz der Büffel aus der Nähe betrachten wollte und dabei von den herabstürzenden Tieren erschlagen wurde. Seine Stammesbrüder fanden ihn später, als sie die toten Büffel zerlegten, mit zerschmettertem Kopf unter den Tieren begraben.
In die Klippe hereingebaut ist ein interessant gestaltetes Museum, das die vieltausendjährige Geschichte dieser Jagdtechnik auf anschauliche Art und Weise erzählt.
Nach Calgary waren es jetzt nur noch rund 180 km, die wir am Donnerstag bewältigten. Der Wetter war hundsmiserabel. Von der Landschaft war so gut wie nichts zu sehen. Es kann aber auch gut sein, dass selbst bei besserem Wetter wir nicht viel mehr als endlose Felder und Wiesen in einer leicht gewellten Umgebung zu sehen gewesen wären. Auf dem Weg zu unserem Tagesziel im Westen der Stadt, mussten wir einmal quer durch die Randbezirke der Millionenmetropole. Die Straßen sind in Kanada aber hervorragend und die Autofahrer sehr diszipliniert, so dass auch das für uns kein Problem darstellte.
Wer eine wirklich ordentliche, saubere und moderne Großstadt erleben will der sollte nach Calgary kommen.



Wir fuhren natürlich nicht mit unserem Wohnmobil nach Downtown, sondern erst ein Stück mit dem Bus und dann mit dem CTrain, einer Trambahn, die uns direkt ins Herz der Stadt, zur City Hall brachte. Wenn wir in andere Großstädte hereingefahren sind, konnten wir meistens hässliche Vorstädte und verwahrloste Industriebezirke beobachten. Ganz anders in Calgary. Wir hatten das Gefühl, das uns der Bus und die Bahn durch eine parkähnliche Landschaft immer näher an die Hochhäuser der Innenstadt heranführten. Auch die Bebauung, obwohl zu 90 Prozent hochmodern, wirkte bei weitem nicht so gedrängt wie in Manhattan oder Chicago.
Wir machten einen Spaziergang vorbei am Olympic Plaza, auf dem während der Winterolympiade 1988 die Medalien vergeben wurden und zum Bow River und dann weiter am Ufer entlang zur Mündung des Elbow Rivers in den Bow River. Dabei passierten wir das Fort Calgary. Anschließend ging es in einem großen Bogen wieder zurück in die Innenstadt und dort zum Calgary Tower. Die Fahrt hoch auf die 190 m hohe Aussichtblattform lohnt sich. Man genießt einen tollen Blick über die Stadt bis weit in die Prärie hinaus bis, bei klarem Wetter, zu den Rocky Mountains. Ein besonderes Gefühl kann man spüren, wenn man die Glasplattform betritt und glaubt 190 m über dem Straßenverkehr zu schweben. Nachdem wir alle Bilder geschossen hatten, gingen wir ein Stockwerk tiefer ins Drehrestaurant und nahmen einen Lunch zu uns. Dabei ließen wir dann noch einmal die Kulisse der Stadt an uns vorüberziehen.



Hübsch ist auch die Stephen Avenue. Hier findet man das einzige geschlossene Ensemble von größeren und kleineren, aus massivem Stein gebauten Häusern. Die Gebäude stehen unter Denkmalschutz und beherbergen die exclusivsten Geschäfte und angesagtesten Bars der Stadt. Sie ist Fußgängerzone und so etwas wie die gute Stube der Stadtbewohner.
Die Geschäfte im Bereich der Innenstadt sind überwiegend mit sogenannten Skywalks verbunden, die es dem Besucher selbst bei schlechtestem Wetter erlauben, trockenen Fusses und angenehm warm jedes gewünschte Ziel zu erreichen.
Später ging es dann auf dem gleichen Weg mit Bahn und Bus wieder zurück zu unserem Stellplatz.
Zur gewohnten Zeit, so zwischen 9 Uhr und 9:30 Uhr verließen wir den Stellplatz unterhalb des Olympiageländes und es ging über den Trans Canada Highway weiter Richtung Westen. Die Fahrt auf dem vierspurigen Highway gab uns einen Vorgeschmack auf das, was uns am nächsten Tag erwartete. Wir hatten bei strahlend blauen Himmel immer die Silhouette der Rocky Mountains mit ihren schneebedeckten Gipfeln vor uns. Und so waren die 120 km bis nach Banff ganz schnell abgearbeitet.



Wir fanden einen Parkplatz mitten in der Stadt und machten zunächst einen ausgedehnten Stadtbummel. Banff ist mondäner Mittelpunkt der kanadischen Rockys. Es war also kein Wunder, das viele Menschen aus der nahen Metropole auf den gleichen Gedanken kamen wie wir, und das Wochenende in hübscher Umgebung verbringen wollten. Es ist ja erst Mitte Mai und ich kann mir kaum vorstellen, wo die ganzen Menschen sich in der Hauptsaison aufhalten sollen.
Nach dem Stadtbummel spazierten wir am Bow River, den wir ja bereits in Calgary kennen gelernt hatten, entlang zu den Bow Falls. Auch hier war Hochbetrieb. Bevor wir uns einen Stellplatz für die Nacht suchten, füllten wir noch schnell unsere Vorräte auf. Wir standen mitten im Wald, umgeben von schneebedeckten Bergen an den Tunnel Mountains, wenige Kilometer außerhalb der Stadt. Der Campground wird von Nationalpark Verwaltung unterhalten.



Nach einer ruhigen Nacht ging es am Sonntagmorgen, es war Pfingssonntag, zunächst Richtung Lake Louise. Wir wählten nicht den modernen Trans Canada Highway, sondern den alten Highway, auf dem es wesentlich ruhiger zuging. Erste Station waren nach ca. 30 km ein Parkplatz, von dem aus wir eine kurze Wanderung in den Johnston Canyon starteten. Auch hier drängten sich die Menschen auf dem schmalen Wanderweg. Nach ca. 1,5 km erreicht man die Lower Falls. Von einer Brücke aus kann man beobachten, wie sich der Johnston Creek in die Tiefe stürzt. Das richtige Gefühl kommt aber erst auf, wenn man durch einen Felsdurchbruch geht und nur wenige Meter vom Geschehen entfernt das Naturschauspiel erlebt. Die Gischt des herabstürzenden Wasser sorgt dafür, dass man sich nicht all zu lange dort aufhält; denn nicht nur die Kleidung ist immerhalb weniger Minuten feucht, sondern auch Fotoapparat und Kamera mögen eine solche Umgebung nicht besonders.
Dann weiter zum Lake Louise. Der kleine Gletschersee in 1800 m Höhe verdankt seine Popularität dem Chateau Lake Louise, einem schlossartigen Hotelkomplex für gehobene Ansprüche, das die Canadian Pazific Railway Ende des 19. Jahrhunderts für ihre betuchten Gäste erreichten ließ. Der Gletscher, der den See speist hat sich allerdings sehr weit zurückgezogen und ist nicht mehr besonders beeindruckend, dafür aber das glasklare, türkisgrüne Wasser des Sees um so mehr.





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