Eastland und die Coromandel Halbinsel
23.03.2014 Crewa
So sollte es eigentlich immer sein: Montagmorgen, ohne Wecker aufwachen, im Freien frühstücken und bei angenehmen Temperaturen anschließend durch eine hübsche Landschaft die nächsten Ziele ansteuern. Für Montag hieß das Ziel Tolaga Bay und für Dienstag Opotiki. Wir haben diese Orte nicht ausgesucht, weil es dort besondere Sehenswürdigkeiten zu bestaunen gibt, sondern getreu unserem Motto: ""Der Weg ist das Ziel"". An beiden Tagen hatten wir Glück und die Sonne bestimmte von morgens bis abends das Wettergeschehen. Unsere Route wechselte immer wieder zwischen bergigen Abschnitten, die uns stark an unsere deutschen Mittelgebirge erinnerten und Küstenabschnitten, von denen uns das Blau des Meeres manchmal den Atem zu rauben drohte.

Weide- und Forstwirtschaft bestimmen im Eastland, dem östlichsten Landesteil Neuseeland das wirtschaftliche Geschehen. Am Dienstag haben wir gezählt: Innerhalb einer Stunde kamen uns 19 LKW mit Baumstämmen entgegen. Die Schafe haben wir nicht gezählt, aber manche Weide sah aus, als ob kleine weiße Wölkchen sich auf ihnen ausruhen würden. In Tolaga Bay gab es dann doch eine Sehenswürdigkeit, die es Wert ist erwähnt zu werden: Mit über 660 m besitzt der kleine Ort - 880 Einwohner - die längste Pier der südlichen Hemisphäre. Sie ist zwar seit 1969 nicht mehr in Betrieb, für uns Touristen aber ein unwiderstehlicher Anziehungspunkt.

Wir hatten also allen Grund, richtig zufrieden zu sein und freuten uns auch schon auf einen entspannten Abend im Holiday Park bei einer Flasche Wein. Aber denkste -wir stellten das Auto ab, Inge stieg links aus, ich rechts, schlossen das Stromkabel an, wollten die Führerhaustüren schließen und da war es: die Beifahrertür ließ sich nicht mehr bewegen und blieb sperrangelweit offen. Also wieder das gleiche Spiel, neuseeländischen Automobilclub anrufen, der eine Werkstatt in der Nähe beauftragt und hoffen, dass der Mechaniker das Problem löst. Der traf nach ca. einer Stunde ein, baute die Beifahrertür vor Ort auseinander und lokalisierte den Schaden. Der Teil der Türführung, der dafür verantwortlich ist, dass die Tür auch halb geöffnet in stabiler Stellung gehalten wird, war zerbrochen. Das Teil musste also ersetzt werden. Der Mechaniker wollte das Teil noch am Abend auftreiben oder reparieren und am Mittwoch um 8 Uhr wieder vor Ort sein.
Es war dann zwar schon 8:30 Uhr, aber er hielt Wort. Er hatte das Teil in der Werkstatt geschweißt und der Einbau verlief problemlos, so dass wir knapp eine Stunde später bereits auf der Straße nach Rotorua unterwegs waren.
Rotorua, mit 68 000 Einwohner etwa so groß wie Neuwied, liegt auf einem geologisch noch sehr aktiven Gebiet. Überall, in der Umgebung, aber auch in der Stadt brodelt es. Heiße Dämpfe steigen auf und es stinkt manchmal sehr penetrant nach Schwefelwasserstoff.
Knapp 20 km nördlich der Stadt legen wir einen Stopp am Hells Gate ein. Auf einem 800 m x 200 m großen Gelände verteilen sich Dutzende größere und kleinere Wasserlöcher, aus denen es dampft und blubbert und deren Wasser Temperaturen bis zum Siedepunkt erreichen. Das sie umgebende helle Gestein ist von den austretenden Schwefeldämpfen gelb gefärbt. Dieses Gebiet diente den Maori schon vor Hunderten von Jahren für alle möglichen Zwecke. An den warmen Quellen linderten sie arthritische Beschwerden, in den kochenden Pools wurde das Essen gegart und durch die Taufe unter einem 40 ° C heißen Wasserfall, wurden aus den jungen Männern Krieger.

Über die Stadt selber gibt es wenig zu berichten. Das City Centre wirkt aufgeräumt, die Seepromenade hübsch und im Gouverment Garten, einer schönen Parkanlage mit dem vom Anfang des 20. Jahrhunderts stammenden Badehaus, kann man bei gutem Wetter wunderbar relaxen.

Auf unserem Stellplatz befand sich, wie übrigens in fast allen Hotels oder sonstigen Unterkünften auch, selbstverständlich ein mit warmem, schwefelhaltigem Wasser gefüllter Pool, in dem wir uns zum Abschluss des Tages entspannten.
Von Rotorua ging es dann über den Termal Highway Richtung Taupo. Auf der knapp 80 km langen Strecke sieht man immer wieder rechts und links der Straße Dampfschwaden aus der Erde empor steigen, die damit das Vorhandensein warmer Quellen anzeigen.
Der Lake Taupo liegt ziemlich exakt in der Mitte der neuseeländischen Nordinsel. Er entstand vor rund 26 500 Jahren durch einen einzigen Vulkanausbruch und ist mit seinen 622 qkm rund 1.5 Mal so groß wie der Bodensee. Der Waikato River, Neuseelands längster Fluss, wird aus dem See gespeist. Nach wenigen Kilometern werden die Wassermassen in eine enge Schlucht gepresst und stürzen sich an den Huka Falls etwa 10 m in die Tiefe.

Nachdem sich das Flussbett etwas erweitert hat, verengt es sich an den Aratiatia Rapids wieder dramatisch. Der Anfang der engen Felsenschlucht ist aber seit einigen Jahrzehnten durch eine Schleuse abgesperrt und nur vier Mal am Tage, nämlich um 10, 12, 14 und 16 Uhr werden die Schleusentore für etwa 10 Minuten geöffnet. Das Eindringen der Wassermassen in die Schlucht ist natürlich ein Spektakel, das man sich nicht entgehen lassen darf.
An der Stelle, von wo aus wir das Ereignis beobachteten, unternahm das neuseeländische THW eine Rettungsübung über den reißenden Fluten und boten uns damit eine zusätzliche Show. Wir haben zwei Stunden später uns das Ganze noch einmal unmittelbar von der Brücke an den Schleusentoren angeschaut, bevor wir Taupo City ansteuerten.

Die Stadt hat nur etwa 22 000 Einwohner, bestimmt aber das wirtschaftliche Geschehen der Region. Unmittelbar am Seeufer, zentral in der City, liegt ein sehr schöner, kostenloser WOMO-Stellplatz, auf dem wir nachmittags um 16 Uhr gerade noch den vorletzten Platz ergattern konnten. Von hier aus haben wir später die Stadt erkundet und abends genau in dem Restaurant, das uns schon vor 14 Jahren gut versorgt hatte und daher in guter Erinnerung geblieben war, zu Abend gegessen.

Bei angenehmen Temperaturen, aufgerissen Türen, Blick auf den See und einer feinen Flasche neuseeländischen Weines beschlossen wir diesen schönen Tag.
Nächste Station: Coromandel Halbinsel. Die Landschaft entlang der Strecke bringt nichts Neues. Kurvenreiche Bergstrecken und lange Geraden wechseln sich ab. Die Verkehrsdichte auf der Nordinsel ist wesentlich höher als auf der Südinsel. Trotzdem geht es zügig voran, weil alle fast die gleiche Geschwindigkeit fahren und auf den Hauptverkehrsadern alle paar Kilometer sogenannte ""Pasing Lanes"" ein gefahrloses Überholen leicht machen.
Das Rückgrat der Coromandel Halbinsel bildet die Coromandel Range, ein Gebirgszug, der sich von Süden nach Norden erstreckt und immerhin bis über 750 m Höhe erreicht. Unser Ziel ist der Hot Water Beach, ein ganz kleiner Ort, dessen Attraktion die heißen Quellen unmittelbar am Sandstrand sind.

Man soll es nicht glauben: Kinder, junge Leute, Eltern mit und ohne Kinder und Menschen wie wir im Alter von Großeltern buddeln mit Händen oder Schaufeln Pools in den Sand, damit sich darin das durch den Sand sickernde warme Wasser sammeln kann. Das Schönste aber ist, kaum ist der Pool fertig, kommt vom Meer her eine kräftige Welle und lässt die tollen Bauwerke in den Fluten versinken. Also beginnt das Buddeln erneut, bis die nächste Welle kommt - da gab es doch so eine Geschichte mit Sisyphos -. Auch wir haben natürlich kräftig geschaufelt und verloren.
Am Samstag ging es auf dem State Highway 25 erst nach Whitianga, dann nach Kuatumo und schließlich nach Coromandel, dem namensgebenden Hauptort der Halbinsel. Auch diese Fahrt führte immer wieder ins steil Gebirge und anschließend wieder abrupt bergab bis zur Küste. Steigungen und Gefälle von 12 Prozent waren normal und ich musste achtgeben, dass ich mir beim Kurbeln keinen Knoten in die Arme mache.
Das Städtchen selbst, 1500 Einwohner, ist nett herausgeputzt und lädt zu einem kurzen Bummel ein. Außer einem hübschen Kirchlein und ein paar schönen Fassaden gibt es aber nichts, was erwähnenswert wäre.
Am Straßenrand haben wir dann dieses Gefährt entdeckt, das uns natürlich neugierig machte. Wenig später radelte darauf ein älterer Herr vor bei. Wie riefen ihn zu und kamen ins Gespräch, das wir abends auf dem Campingplatz vor unserem Wohnmobil bei einer Flasche Wein fortsetzten.

Es stellte sich heraus, dass er gemeinsam mit seiner Frau fast die gesamte Strecke, die wir in Neuseeland mit dem WOMO zurückgelegt gelegt haben, die Helmut und Verena mit dem Fahrrad bewältigt haben und er dabei seinen 75. Geburtstag gefeiert hat. Aber nicht nur das, auch viele Wege und Straßen, die uns von unserer Panamericana-Tour her bekannt sind, haben die Beiden mit dem Fahrrad bezwungen. So zum Beispiel die Routa 40 in Argentinien, die Fahrt über die Anden auf dem Altiplano mit über 4800 Metern Höhe und die anschließende Abfahrt nach San Petro de Atacama und die Fahrt auf dem Icefield Parkway von Jasper nach Banff in Kanada. Einfach toll.
Unser letztes Ziel auf der neuseeländischen Nordinsel ist Cap Reinga, der nördlichste für uns erreichbare Punkt Neuseelands. Nachdem wir uns am Sonntagmorgen von Verena und Helmut verabschiedet hatten ging es erst ca. 50 km an der Westküste der Coromandel Halbinsel Richtung Süden bis Thames und dann quer durch Auckland und 20 km weiter bis nach Orewa, einem kleinen Ort mit 7500 Einwohnern, unmittelbar an der Küste, mit herrlichem Strand und netten Lokalen.

Ob wir Morgen schon weiterfahren, wissen wir noch nicht.