Bei den Kiwis
09.03.2014 Haast
Der Flug über die Tasman Sea verlief ruhig und wir landeten sogar einige Minuten früher als geplant in Christchurch, unserer ersten Station in Neuseeland Bis wir unser Gepäck hatten, durch die Passkontrolle und den Zoll waren, verging noch einmal eine Stunde. Ein Taxi brachte uns dann vom Flughafen in die Innenstadt zu unserem Hotel, wo wir müde ins Bett fielen.
Christchurch wurde am 22.02.2011 von einem starken Erdbeben der Stärke 6.3 heimgesucht. Wir wussten natürlich von den Zerstörungen, hatten uns aber das Ausmaß nicht vorgestellt. Von den Bildern, die damals um die Welt gingen, waren uns hauptsächlich die in Erinnerung, die die stark beschädigte Kathedrale und den eingestürzten Glockenturm zeigten.
Genauso schlimm hat es aber die gesamte Innenstadt getroffen, die daraufhin bis Juni 2013 total gesperrt wurde. Zwar sieht man heute keine Schutthaufen mehr, dafür aber sehr viele Brachflächen und 80 Prozent der Häuser und Geschäfte, die noch stehen, sind leer. Ob sie abgerissen oder renoviert werden, steht bei vielen noch nicht fest. Die Stadt macht einen sehr, sehr traurigen Eindruck. Man sieht ihr an, dass sie angeschlagen ist.

Wir hoffen, dass man in Christchurch die Katastrophe auch als Chance sieht und den Charakter der Stadt, wie wir ihn aus dem Jahre 2000 kennen, erhalten wird. Immerhin gibt es auch heute einige hübsche Ecken, wie den Botanischen Garten, die einen Besuch lohnen.

Der Montag begann traurig mit viel Regen. Kurz vor 10 Uhr fuhren wir zur Fahrzeugübergabe mit einem Taxi zur ALPHA-Campervan Station in der Nähe des Flughafens. Es herrscht Hochbetrieb. Obwohl wir für 10 Uhr die Übergabe vereinbart hatten, wird es 13 Uhr, bis wir an der Reihe sind. Ärgerlich, aber nicht weiter schlimm, wenn anschließend alles nach Plan verläuft. Nachdem die Formalitäten erledigt waren, ging es endlich zum Fahrzeug. Unsere Erwartungen an die Ausstattung und den Zustand des Fahrzeugs entsprachen dem, was wir in Australien für unser Geld erhalten hatten. Das ein Mietfahrzeug hier und da eine Macke haben kann, liegt in der Natur der Dinge. Was man uns allerdings als Zuhause für die nächsten 4 Wochen übergeben wollte, war unter aller S... Das Fahrzeug war relativ alt, was für sich alleine genommen kein Problem darstellt. Den Zustand konnte man aber nur mit dem Wort ""ungepflegt"" umschreiben und das ist noch geschmeichelt.
Nun ging also das Gezerre los. Wir weigerten uns das Auto zu übernehmen. Der junge Mann, der uns bediente, zeigte Verständnis und versuchte über seine Vorgesetzten eine Lösung zu finden. Die Zeit verstrich und wir hatten das Gefühl, dass sich so wirklich Niemand für unser Problem interessierte. Irgendwann bot man uns dann einen sogenannten Upgrade an. Wir sollten für das gleiche Fahrzeug, nur dass es auf Basis eines Mercedes Sprinter aufgebaut war, pro Tag rund 14.50 € hinzu zahlen. Das Auto war in einem deutlich besseren Zustand, aber nicht besser als wir es erwarten durften. Auf dieses Angebot haben wir natürlich verzichtet; denn es ist uns ziemlich gleichgültig, ob wir einen Fiat oder Mercedes fahren. Das Auto muss nur in einem Zustand sein, dass man darin auch Urlaub machen kann.
Das nächste Angebot war dann ein kostenloser Upgrade auf ein anderes Fahrzeug, auf das wir aber weitere 40 Minuten warten mussten.
Um15:30 Uhr saßen immer noch beim Autovermieter und warteten auf das Fahrzeug. Wir waren gespannt, was da kommen sollte. Eines stand aber zu diesem Zeitpunkt schon fest: Ein Urlaubstag ist bereits verloren und eine gewisse Enttäuschung hat sich eingestellt. Auch wie man mit uns als Kunden hier vor Ort umgegangen ist, war ernüchternd. Der junge Mann, der uns bediente, war nett, hilfsbereit und freundlich. Aber bereits seine unmittelbar Vorgesetzte war erst nach eindringlicher Aufforderung bereit, sich selbst ein Bild von dem Fahrzeug zu machen, welches wir ablehnten. Deren Chefin hat uns einfach ignoriert.
Die Firma ALPHA-Campervans in Neuseeland können wir nicht empfehlen. Auch bei deren Agenten in Deutschland ""Bestcamper"" sollte man Vorsicht walten lassen; denn wir wurden mit keiner Silbe darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei dieser Marke um alte, abgewirtschaftete Fahrzeuge handelt. Das Fahrzeug, das wir nun übernahmen, hat immerhin bereits 220 000 km auf dem Buckel.

Um 16:30 Uhr konnten wir dann tatsächlich starten. Die Fahrt ging nach Akaroa, an einer Bucht auf der Banks Halbinsel gelegen. Das Wetter wurde von Minute zu Minute schlechter. Es stürmte und hagelte. Von der versprochenen schönen Landschaft war nichts zu sehen. An der Bucht angekommen, peitschte der Wind die Wellen über die Straße. Zu allem Überdruss mussten wir feststellen, dass unser Rucksack in Christchurch zurückgeblieben war. Das war jedoch nicht weiter schlimm, da wir sowieso wieder zurück mussten, weil das Auto jämmerliche Heulgeräusche von sich gegeben hatte. Außerdem machte sich die Kühlschranktür in jeder Kurve selbstständig.
Dienstagmorgen ging es also zunächst die 80 km zurück zur Verleihstation. In der Nacht hatte der Wind noch ordentlich an den Bäumen gezerrt. Überall lagen Äste auf der Straße, außerdem regnete es weiterhin recht heftig und der Wind versetzte unserem Auto immer wieder Seitenschläge. Schön ist anders!
In Christchurch wurde uns dann aber überraschend schnell geholfen. Nach einer guten Stunde setzten wir uns dann endlich in die Richtung in Bewegung, die wir eigentlich bereits am Vortag einschlagen wollten. Wir hoffen, dass wir an dieser Stelle nicht mehr über das Wohnmobil berichten müssen, sind uns aber dessen nicht sicher.
Nachdem wir den noch ausstehenden Großeinkauf erledigt hatten, ging es in einer zweistündigen Regen- und Sturmfahrt nach Timaru, an der Ostküste der Südinsel. Der Wind war auch hier noch recht ordentlich, aber es war zumindest für die nächsten Stunden trocken. Irgendwie waren wir geschafft und hatten keine große Lust mehr, uns Timaru genauer anzuschauen. Eigentlich schade. Am nächsten Morgen fuhren wir dann wenigsten mitten durch die City weiter Richtung Süden.

Das Wetter war deutlich besser und hielt auch den ganzen Tag an. Unser erstes Ziel an diesem Tag waren die Moeraki Boulders, kugelrunde Steingebilde, die einige Kilometer nördlich von Moeraki am Strand zu finden sind. Die Kugeln haben eine kristalline Struktur und sind innen hohl. Sie haben sich vor Jahrmillionen in den Sedimentschichten der nahen Uferböschung gebildet und werden nun von den Wellen des Pazifischen Ozeans freigelegt. Als wir im Jahre 2000 hier waren, waren wir die einzigen Touristen am Strand.

Heute standen Dutzende Autos und mehrere Busse auf dem Parkplatz und alle drängten zu den Boulders.
Südlich von Moeraki verläuft die A1 dann etwas weiter im Landesinnern durch eine hübsche, hügelige Landschaft und es müssen lang anhaltende Steigungen und Gefälle von weit mehr als 10 Prozent bewältigt werden. Hier in den Bergen hatten sich tief hängende Wolken regelrecht verfangen und die Wälder und Wiesen erschienen in einem ganz gespenstischen Licht.
Nach etwa 70 km fällt die Straße ziemlich steil zur Küste hin ab und wir erreichten Dunedin.
Die rund 120 000 Einwohner zählende Stadt gilt als die weltweit besterhaltene Stadt im viktorianischen Baustil. Schöne, prächtige Häuser und Kirchen schmücken die Straßen. Das schönste Gebäude ist nach unserer Meinung ist der Bahnhof, einfach ein Schmuckstück, das man gesehen haben muss.

Zu unserem Tagesziel Naseby, einer alten Goldgräberstadt, waren es dann noch einmal zwei Stunden Fahrt. Zunächst ging es rund 50 km zurück. In Palmerston verließen wir die A1 und drehten nach Nordwesten ins bergige Inselinnere ab. Der kleine Ort Naseby mit etwa 120 Einwohnern liegt am Fuß schneebedeckter Berge der Southern Alps.
Auf einem Spaziergang haben wir am späten Nachmittag noch die ""Mining Claims"" besichtigt, was aber weniger lohnte. Dafür war aber die Aussicht auf die verschneiten Berge besonders gut.

Naseby selber war am Donnerstag Vormittag in einer guten Viertelstunde umfassend besichtigt. Es gab ein Museum, das geschlossen war, ein Hotel von 1863, einen Uhrmacherladen aus der gleichen Zeit, einen Bootsbauer, einen Store und das war es dann schon. Etwa auf der halben Strecke nach Queenstown liegt Alexandra, ein kleines Städtchen mit knapp 5000 Einwohnern. Wie so viele Orte im zentralen Hochland der Südinsel verdankt auch Alexandra seine Entstehung dem Goldrausch der 1870er Jahre. Heute bestimmt die Landwirtschaft hier das Geschehen, vor allen Dingen die Schafzucht.

Nachdem wir die notwendig gewordenen Halstabletten erstanden hatten, ging es an Cromwell vorbei durch die Kawarau Gorge, ein enges Flusstal, weiter Richtung Queenstown. Mit starker Strömung und über zahlreiche Stromschnellen bahnt sich der Kawarau River seinen Weg Richtung Cromwell. Auch aus ihm wurde im 19. Jahrhundert ebenfalls Gold gewaschen. Nach einigen Kilometern erreichten wir das Goldfields Mining Centre, das die Geschichte diese Epoche nachzeichnet.

Zwanzig Kilometer vor Queenstown liegt die Brücke über den Kawarau, die das Bungee Jumping populär gemacht hat. Seit 1987 wird von der 43 m hohen Brücke der Sprung kopfüber in die Tiefe kommerzielle angeboten und die Nachfrage ist ungebrochen.

Queenstown ist die vielleicht lohnenste Goldgräberstadt im heutigen Neuseeland. Ihre Gründung verdankt sie zwar ebenfalls dem klassischen Goldrausch des vorvergangenen Jahrhunderts, heute wird aber das Gold wesentlich einfacher aus den zahlreichen Geldbörsen der Touristen gewaschen. Jetzt, Anfang März und wie man liest sonst auch, scheint die Stadt absolut ausgebucht zu sein. Alles, was irgendwie den Adrenalinspiegel anheben kann, wird hier angeboten: Bungee Jumping, Rafting, Gleitschirmfliegen und vieles mehr.

Außer mit diesen sportlichen Attraktionen, kann Queenstown auch mit seiner herrlichen Lage am Ufer des Lake Wakatipu, umgeben von schneebedeckten Bergen, aufwarten. Der Besuch von Queenstown gehört einfach zu einem Neuseeland Aufenthalt.
Obwohl es von Queenstown zum Milford Sound nur knapp 100 km Luftlinie sind, muss man mit dem Auto rund 300 km zurücklegen, um dort hin zu gelangen. Erst geht es fast 100 km nach Süden, dann 100 km nach Westen und anschließend wieder 100 km nach Norden. Die Landschaft ist abwechslungsreich und auf den gut ausgebauten Straßen ging es zügig voran.
Nach knapp 200 km erreichten wir Te Anau, an der Südspitze des gleichnamigen Sees gelegen. Der kleine Ort hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt. Von hier aus werden viele Wander- und Tracking Touren in das nahe Fjordland angeboten. Wir schlängelten uns am Ostufer des Sees und weiter am Eglinton River entlang nach Norden, bevor wir knapp 20 km vor dem Ziel den engen und dunklen, ca. 1000 m langen Homer Tunnel erreichten. Bis vor wenigen Jahren war es die Regel, dass Busse immer Vorfahrt hatten und der Gegenverkehr zurücksetzen musste. Diese Situation haben wir noch im Jahr 2000 erlebt, inzwischen ist sie durch eine Ampelanlage entschärft.

Der Himmel meinte es aber wieder nicht besonders gut mit uns. Bis hierher hatten wir das schönste Wetter, aber beim Verlassen des Tunnels fuhren wir in dichten Nebel. Die Wolken hingen dunkel und bedrohlich am Berg. Es kam dann nicht ganz so schlimm wie befürchtet, aber der Himmel blieb bedeckt.
Das landseitige Ende des Fjords wird von der Mitra dominiert, einem 1600 m hoher, steil aufragender Berg, der seinen Namen seiner typischen Form verdankt. Bei Sonnenschein ist er das Fotomotiv schlechthin, aber ohne Sonne - keine Farbe und damit keine Aha-Erlebnis.
Wir haben uns trotzdem entschlossen eine Bootstour auf dem Milford Sound zu unternehmen, weil wir hofften, die Sonne würde sich dadurch hervor locken lassen. Pech gehabt. Wir sahen zwar tolle Wasserfälle, extrem steil aufsteigende Felswände und auch Seehunde, aber alles leider nur in grau. Auf der Rückfahrt nach Te Anau hat es dann sogar geregnet.
Der Freitag war in erster Linie ein Reisetag. Von Te Anau ging es am Lake Wakatipu vorbei über Queenstown, durch die Kawarau Gorge und Cromwell nach Omarama, von wo aus wir am Sonntag den Mount Cook in Angriff nahmen.

Bis zum Mount Cook Village waren es knapp noch 100 km. Morgens, wenn die Sonne noch aus örtlichen Richtungen ihr Licht auf den Berg wirft, kann man die schöneren Bilder machen. Also hieß es möglichst früh aus den Federn und ab gegen Norden. Nördlich von Omarama zeichnete der Frühnebel weiße Bänder in das Tal, die dem Fluss und den Bachläufen folgten. Über den gut 900 m hohen Lindis Pass erreichten wir den Lake Pukaki, der wie die meisten Seen in dieser Gegend der Stromgewinnung dient. Er wird von zahlreichen Bächen gespeist, die ihr Wasser von den Gletschern des Zentralmassivs erhalten, wodurch der See auch seine herrliche türkise Färbung erhält. Im Norden reicht er bis fast an den Tasman Lake, der seinerseits vom Tasman Glasier, dem größten Gletscher des Mount Cook, gespeist wird.
Der Mount Cook ist mit seinen 3754 m der höchste Berg Neuseelands. Der Aoraki, wie er von den Maori genannt wird, hüllt seine Spitze an 240 Tagen im Jahr in Wolken. Wir haben einen der restlichen 125 Tage erlebt.

Von Parkplatz am Ende der Tasman Valley Road, muss man noch einmal gut 100 m Höhenunterschied über steile Geröllpfade überwinden, um den Gletscher sehen zu können. Wir fanden, die Anstrengung hat sich gelohnt.
Mount Cook Village liegt auf knapp 800 m Höhe. Von hier aus gehen zahlreiche Wanderwege und Trackingpfade zum Gletscher und zum Bergmassiv, die jedoch teilweise über sehr viel Geröll führen und somit für uns nicht so geeignet waren.
Zurück ging es zunächst die gleiche Strecke bis nach Wanaka und von dort Richtung Westküste. Die A6 schlängelt sich erst am Ufer des Lake Hawea und anschließend am Lake Wanaka in nördliche Richtungen.

Auf dieser Teilstrecke muss man sich schon zurücknehmen, um nicht alle paar Meter stehen zu bleiben, weil man glaubt, noch schönere Bilder seien möglich. Das Wasser leuchtete tiefblau und die angrenzenden Berge spiegelten sich mit den Wolken im See, einfach schön. Nördlich der Seen wurde es dann kurvenreicher und bergiger. Nach etwa 30 km pasiert man den Haast Pass, den man leicht übersehen könnte, wenn es nicht angeschrieben wäre. Von dort an begleitete uns der Haast River bis zu seiner Mündung in die Tasman Sea. Bevor es nach Westen ging, zauberten die Dreitausender mit ihren Gletschern dann die nächsten Postkartenbilder vor unsere Augen.

Bei einem Fotostopp an einem kleinen Wasserfall schaute ich mehr beiläufig auf die Vorderräder unseres Autos und musste mit Schrecken feststellen, dass beide Reifen einseitig nach Innen bis auf die Kaskaden abgefahren waren. Das sieht absolut nicht nach normalem Verschleiß, sondern eher nach einem Fahrzeugfehler aus. In Schleichfahrt legten wir dann noch die restlichen Kilometer bis nach Haast an der Westküste zurück. An diesem abgelegenen Ort gibt es keinen Handyempfang und wir waren auf die Großzügigkeit des Supermarkt-Chefs angewiesen, um den Service zu informieren.
Bis zu diesem Augenblick war der Tag nur schön, jetzt mischten sich aber doch ein paar dunklere Gedanken dazwischen. Erst einmal hängen wir hier fest. Mal sehen, wie es am Montag weitergeht.
