Auf den Spuren von 007- die Ha Long Bucht
22.12.2013 Hoi An
Wieder ist seit meinem letzten Bericht eine Woche vergangenen und es ist auch wieder ein Mittwoch, an dem ich diese ersten Zeilen des Wochenberichtes verfasse. Dieses Mal warten wir allerdings nicht auf einen Flug, sondern lassen uns auf einer ziemlich holprigen Eisenbahnntrasse nach Süden schaukeln, aber dazu später mehr.
Bereits als wir am Sonntag in Hanoi ankamen, war es kalt und regnerisch. An dieser Wetterlage hat sich auch am Montag nichts geändert. Wir ließen am Morgen den Tag ganz langsam angehen. Nach dem Frühstück haben wir uns auf unser Hotelzimmer zurück gezogen und ich habe den Bericht der vergangenen Woche soweit wie möglich fertig gestellt. Nachmittags zog es uns aber trotz schlechten Wetters hinaus in das Abenteuerland Hanoi. Das Abenteuer besteht aber in keiner Weise darin, dass für uns eine Gefahr von Dieben oder anderen dunklen Gestalten ausgegangen wäre, sondern darin, dem Straßenverkehr gerecht zu werden.

Man muss sich den Verkehr als eine unendlich lange, mehrspurige Kette, bestehend aus 80 Prozent Mopeds und 20 Prozent Fahrzeugen vorstellen, in der für Fußgänger absolut keine Raum vorgesehen ist. Die Bürgersteige sind, wenn überhaupt vorhanden, mit Fahrzeugen, Geschäftsauslagen oder Tischen und Stühlen restlos verstellt, so dass auch der Fußgänger gezwungen ist, auf die Fahrbahn auszuweichen. Eigentlich gefährlich ist aber nur die Zeit, die man dazu braucht, bis man das System in diesem Mix aus Menschen, Mopeds und Autos verstanden hat. Es ist nämlich ganz einfach: Wer nachgibt, verliert. Man muss also nur konsequent das machen, was man beabsichtigt und die restlichen Verkehrsteilnehmer akzeptieren dies. Das gilt auch beim Überqueren, der Straße. Man geht ganz langsam los, schaut dem entgegen kommenden Verkehrsteilnehmer in die Augen und signalisiert ihm damit die Entschlossenheit die Straße zu queren. Er wird auf jeden Fall versuchen, noch vor dir vorbei zu fahren. Wenn ihm das nicht gelingt, fährt er halt notgedrungen hinter dir vorbei oder bremst im schlimmsten Fall so gar ab.
Als wir dies verstanden hatten, gab es auch für uns so gut wie keine kritische Situationen mehr.
Auf unserem Abenteuerstreifzug durch die Stadt, durchquerten wir die Gassen der Altstadt, nahmen ein Mittagessen ein, besuchten die Kathedrale und das französische Viertel, in dem noch viele schöne, aus der Kolonialzeit stammende Häuser erhalten sind, suchten vergebens eine als sehenswert erwähnte Pagode, bewunderten den ebenfalls aus französischer Zeit stammenden Opernbau und kehrten bei Einbruch der Dunkelheit zu unserem Hotel zurück.
Als wir am Dienstagmorgen die Augen öffneten, sah die Welt wesentlich freundlicher aus. Es war zwar weiterhin relativ kühl, aber die Sonne lachte und das war wichti g für unseren nächsten Programmpunkt.
Die Fahrt ging ca. 170 km Richtung Nordosten. Unser Ziel war die Ha Long Bucht, ein Teil des Golfs von Tonkin. Der Verkehr war noch relativ ruhig und so war es für unseren Fahrer kein Problem, uns sicher und schnell aus der Stadt heraus zu führen. Trotzdem benötigten wir rund 4 Stunden um die Strecke zu bewältigen.
In Ha Long angekommen, ging es direkt zu Hafen, wo wir zunächst einen Tender bestiegen und damit zu einer Dschunke fuhren, die uns 24 Stunden lang durch das südchinesische Meer schaukeln sollte.

Die Ha Long Bucht ist ein malerisches Areal von ungefähr 1500 qkm, auf dem sich rund 2000 größere und kleinere Inseln verteilen, die fast alle unbewohnt sind. Sie ist der wichtigste Touristenmagnet im Norden Vietnams. Entsprechend groß ist auch der Andrang. Neben unserem Schiff, auf dem wir uns mit weiteren 17 Gästen aus aller Herren Länder aufhielten, bewegten sich noch Hunderte anderer Boote durch das Gewässer. Zunächst schipperten wir einige Stunden durch diese herrliche, von der UNESCO geschütze Kulisse und erreichten die Sung Sot Höhle. Sie ist gut zugänglich und innen schön illuminiert.

Für die Nacht ankerte unsere Dschunke in dieser einmaligen Ecke der Erde. Zur späteren Stunde verwandelte der Vollmond die Inseln in ganz eigenartige, schemenhafte Gebilde. Leider war es zu kalt, um sich länger auf dem Oberdeck aufzuhalten. Nach einem guten Frühstück, die Verpflegung war insgesamt hervorragend an Bord, ging es zunächst mit einem Ruderboot durch den engen Felsentunnel der Insel Luon zu einem Affenfelsen. Zum Abschluss schipperten wir nochmals einige Stunden kreuz und quer durch die Inselwelt.

Am Hafen erwartete uns bereits unser Guide und es ging wieder 4 Stunden lang zurück nach Hanoi, wo wir abends um 19 Uhr diesen Zug bestiegen, der uns in 13,5 Stunden nach Hue bringen soll. Auf der Fahrt zum Bahnhof besuchten wir noch ein Dorf mit fast 1000 jähriger Töpfertradition und konnten in einer Fabrik alle Stufen der Keramikherstellung studieren.

Wir haben jetzt 7:30 Uhr und benötigen noch ca. 90 Minuten bis Hue. Wir teilen uns das Abteil mit einem sehr netten jungen belgisch-vietnamesischen Paar. Viel geschlafen haben wir wohl alle nicht. Das Abteil ist zwar nicht sonderlich komfortabel, aber ok. Schlecht ist einfach nur die Bahntrasse der Schmalspurbahn, auf der die Wagons ständig hin und her geworfen werden. Die Schienen sind nicht verschweißt und jeder Übergang macht sich wie ein Schlagloch bemerkbar.
Im Moment wackeln wir durch endlos scheinende, klein pazelierte Reisfelder und beobachten aus dem Abteilfester das ländliche Treiben. Man muss sich das wohl auch so ähnlich bei uns vor 70 oder 80 Jahren vorstellen. Männer ziehen mit Harken bewaffnet zu Fuß zu den Feldern, viele Hühner und Gänse picken bei den Häusern, Frauen führen Rinder, meist Wasserbüffel, über die Wege. Fast eine Idylle, wenn die Armut nicht so deutlich sichtbar wäre. Im Vergleich zu Myanmar wirkt alles jedoch wohlhabend. So kommen wir unserem Tagesziel Hue langsam näher, das wir mit einer Stunde Verspätung erreichen.
Am Bahnhof werden wir von einem neuen Guide erwartet, der uns bis Hoi An begleiten wird. Nach einem guten Frühstück geht es erst einmal zum Hotel, wo wir warm duschen und uns von den Anstrengungen der Bahnfahrt erholen.
Das Wetter spielt nicht so richtig mit. Statt der erhofften 22 Grad sind es gerade einmal 16 Grad. Am Nachmittag und in den frühen Abendstunden machen wir dann, gut verpackt in unsere Winterjacken, einem ersten Stadtbummel. Unser Hotel liegt ziemlich zentral in der Innenstadt und zum Fluss der Wohlgerüche, Parfümfluss, sind es nur wenige Meter. Nach einer kleinen Mahlzeit in einem der zahllosen kleinen Restaurants machen wir einen ausgedehnten Spaziergang am Flussufer. Man kann sich sehr gut vorstelllen, dass es bei Sonnenschein und angenehmeren Temperaturen hier richtig schön ist.
Für den nächsten Morgen stand dann die Besichtigung der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Hues, der letzten Kaiserstadt Vietnams auf dem Programm. Wir setzten mit einem Drachenboot über den Fluss und erreichen nach 20 Minuten die Pagode der Himmelsgöttin, Chua Thien Mu. Sie ist eines der Wahrzeichen der Stadt.

Die Hauptsehenswürdigkeit in Hue und auch von der UNSECO auf die Liste der Weltkulturerben gesetzt, ist jedoch die Zitadelle. Sie wurde in den Jahren 1802 bis 1833 erbaut und diente der Dynastie der Nguyen-Herrscher als Residenz. Sie und die Purpurne verbotene Stadt, waren stark an ihr Vorbild, die verbotene Stadt in Peking, angelehnt. Hier dankte auch der letzte vietnamesiche Kaiser im Jahre 1945 ab.
Leider haben die Amerikaner während der TET-Offensive im Jahre 1968 nicht sehr viel von der Anlage übrig gelassen. Sie haben ganze Arbeit geleistet.

Die Vietnamesen versuchen, u. a. auch mit deutscher Hilfe, das eine oder andere wichtige Gebäude, wie zum Beispiel die große Empfangshalle mit Thronsessel oder die Zugangstore, zu rekonstruieren. Ohne den Tourismus und fremde Hilfe, wäre es jedoch ein aussichtsloses Vorhaben.

Nach dem Zitadellenbesuch schloss sich eine halbstündige Fahrt mit dem Fahrradrikscha zum Dong Ba Markt an. Er ist wieder einer dieser typischen asiatischen Märkte, auf denen man von der Bohne bis zum Fernseher alles kaufen kann. Hunderte Händler bieten dicht gedrängt auf kleinstem Raum ihre Waren an. Dazwischen kann man das relexte Leben der Verkäufer beobachten, die schwatzend, essend oder fernsehguckend auf ihre Kunden warten. Hier und da sieht man auch Jemanden ganz entspannt, mit leicht verdrehten Augen an etwas zigarettenartigen ziehen und die Welt an sich vorbeiziehen lassen.

Nachmittags statteten wir dem Grabmal des Kaisers Tu Duc einem Besuch ab. Er war zu Lebzeiten eine tragische Figur. Hatte er doch 103 Frauen, blieb aber trotzdem ohne Erben. Dafür schuf er sich bereits zu Lebzeiten in einem 14 ha großen Park mit Teichen und Wasserläufen ein faszinierendes Denkmal. Auch den Text auf der Steele, auf der normalerweise von den Nachfolgern die guten und schlechten Taten ihrer Vorgänger geschildert werden, entwarf er selbst.

Auf dem Weg zur letzten Sehenswürdigkeit, die wir uns anschauen wollten, machten wir noch Stopp in einem Dorf, das von der Herrstellung von Räucherstäbchen lebt. Wir haben gelernt, dass neben einem Holzspan noch Sägemehl, Zimt und Sandelholz zur Fabrikation notwendig sind.

Das Grabmahl des vorletzten vietnamesischen Kaisers Khai Dinh unterscheidet sich grundlegend von den anderen vergleichbaren Anlagen. Er lebte, bevor er die Herrschaft antrat, zeitweise in Paris und dies ist auch in der Architektur seiner Grabanlage sehr deutlich zu erkennen. Die Grabanlage ist innen sehr aufwendig mit Mosaiken aus Glas-, Keramik und Porzellanscherben geschmückt. Seine Grab befindet sich unter einer 1922 von ihm selbst in Auftrag gegebenen und in Frankreich hergestellten Bronzefigur.

Der letzte Tag unseren Aufenthalts in Hue war nicht nur kalt, sondern auch noch regnerisch. Bis auf die Mahlzeiten verbrachten wir den Tag überwiegend damit, unsere Sachen zu ordnen und diesen Bericht fertigzustellen.
Nach dem verregneten Samstag scheint zu mindest der heutige vierte Adventssonntag wieder trocken zu bleiben. Gleich geht es zum Bahnhof und dann mit dem Zug über den Wolkenpass nach Da Nang. Es ist aber gar nicht notwendig über eine Passhöhe zu fahren um in den Wolken zu sein, ein etwas höheres Haus tuts zur Zeit hier in Hue auch.
Der Zug, mit dem wir fuhren traf pünklich mit ca. einer Stunde Verspätung in Hue ein. Die Fahrt über den Wolkenpass ist bei schönem Wetter sich ein Erlebnis, das uns leider vorenthalten wurde. Sie gewährt bei schönem Wetter sicher atemberaubende Blick auf das Meer und in die Urwaldtäler. Die Eisenbahnstrecke führt teilweise durch Dschungel, in denen sich die Amerikaner mit den Vietkong die heftigsten Gefechte geliefert haben. Man kann sich vorstellen, dass dies für die US-Soldaten bei Temperaturen von über 35 Grad und extrem hoher Luftfeuchtigkeit die absolute Hölle gewesen sein muß und sie gegen ortskundige Partisanen keine Chancen hatten.
Am Bahnhof in Da Nang erwartete uns bereits wieder unser Fahrer, der uns gut und sicher mi dem PKW in das ca. 30 km südlich gelegene Hoi An steuerte, wo wir die Weihnachtsfeiertage verbringen werde.