Abschied von Kanada

10.10.2010 Boston
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Das Programm dieser Woche sah vor, die amerikanische Ostküste bei Boston zu erreichen. Damit das auch geschehen konnte, mussten wir noch einige Kilometer Richtung Osten zurücklegen.
Am Montag starteten wir bei Bridgman, das liegt ziemlich exakt im Osten von Chicago, am Ufer des Michigan Sees. Zunächst ging es nach St. Josephs, einem kleinen, hübschen Städtchen, ca. 20 km nördlich. Hier stillten wir beim AAA unseren Informationshunger und bummelten durch die Innenstadt. Als besondere Attraktion besitzt St. Josephs ein Schokoladenmuseum und eine Eisenbahndrehbrücke. Da nur morgens und abends jeweils ein Zug auf der Strecke verkehrt, konnten wir die Brücke leider nicht in Aktion erleben. Dafür widmeten wir uns umso intensiver den süßen Naschereien in dem, dem Museum angeschlossenen Cafe. Inge und ich haben für die nächste Zeit eindeutig genug von Schokolade. Nach zwei Stunden setzten wir die Fahrt bis kurz hinter Holland fort. Der Ort hat wirklich seinen Namen verdient. Es ist flach, am Seeufer sind Sanddünen, die Häuser sind klein und alles ist mindestens genau so sauber, wie man sich Holland vorstellt. Natürlich kann man hier holländische Trachten und Holzschuhe kaufen und eine Windmühle gibt es auch.



Am Dienstag führte uns unser Weg geradewegs gegen Osten. Die Landschaft hier in Michigan ist wirklich schön und ich kann mir vorstellen, dass sich viele Europäer hier sehr schnell zuhause fühlten. In Holly, ca. 20 km südlich von Flint, schlugen wir unser Nachtlager auf.
Auf unserer Fahrt nach Osten wollten wir natürlich auch alle 5 Großen Seen Nordamerikas besuchen. Am Mittwoch strebten wir, nach einer relativ kurzen Etappe, dem Lake Huron entgegen. Auf der Fahrt dorthin kamen wir auch dem Herbst wieder deutlich näher. Vereinzelt haben die Bäume bereits wieder ihr rotes Herbstkleid angelegt. Noch sind wir allerdings ein ganzes Stück von dem Indian Summer, den wir in der vergangenen Woche kennengelernt haben, entfernt. Wenige Kilometer nördlich von Port Huron verbrachten wir einen geruhsamen Nachmittag am Seeufer.
Donnerstag war wieder ein anstrengender Fahrtag. Es stand der Grenzübergang nach Kanada auf dem Plan und die ca. 350 km lange Strecke zu den Niagara Wasserfällen musste bewältigt werden. Aber das Wetter war ideal und so flogen die Kilometer nur so dahin. Kurz nach Mittag hatten wir bereits Niagara on the Lake erreicht, dass ist das Dorf, bei dem der Niagara River in den Lake Ontario mündet. Wir hatten gerade den Parkscheinautomaten gefüttert und wollten zum Ontario See wandern, als uns Wolfgang ansprach. Wolfgang ist ein in Görlitz an der Neiße geborener 81 jähriger Kanadier, der vor fast 60 Jahren ausgewandert ist. Er sah ein Auto mit deutschem Nummernschild und war ganz neugierig.



Nach einem kurzen Gespräch lud er uns spontan zu einer Segelpartie auf dem Niagara River ein, was wir natürlich nicht ablehnen konnten. So kamen Inge und ich unverhofft zu unserer allerersten Segelpartie. Zwei Stunden lang genossen wir das ruhige Dahingleiten des Schiffes und es gab einiges zu erzählen. Auch Wolfgang hat intensiv Lateinamerika bereist und so gab es einige Orte, über die wir uns austauschen konnten. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, natürlich nicht ohne unsere Mailadressen ausgetauscht zu haben, fuhren wir auf dem Niagara Parkway flussaufwärts nach Queenston und belegten einen Platz auf dem Campground. Nach kurzer Pause starteten wir dann zur Besichtigung der Wasserfälle. Es gibt keine freien Parkplätze, von denen aus die Niagara Fälle in akzeptabler Entfernung erreicht werden können und so waren wir gezwungen, auf den südhaftteuren, großen Parkplatz unmittelbar am Besucherzentrum zu fahren (20$). Aber es lohnte trotzdem. Es war für Inge und mich ja ein Wiedersehen nach dreizehn Jahren mit den Wasserfällen. Wir versuchten uns in Erinnerung zu bringen, wie es damals hier aussah. Aber das ist gar nicht so einfach. Wir müssen, wenn wir wieder zuhause sind die Kiste mit den Bildern von 1997 heraussuchen und unsere Erinnerungen überprüfen.



Inzwischen war die Sonne hinter dem Horizont verschwunden und die Dämmerung zog auf. Es dauerte nur noch Minuten und die Wasserfälle wurden von riesigen Scheinwerfern bunt angestrahlt. Nachdem wir uns satt gesehen hatten, zogen wir uns auf unseren Übernachtungsplatz zurück und sorgten dafür, dass auch der Hunger gestillt wurde.
Am Freitagmorgen ging es nach dem Frühstück dann gemütlich auf dem Niagara Parkway weiter stromaufwärts. Einen ersten Stopp legten wir am Powerhause ein, wo in zwei Kraftwerken, je eins auf kanadischer und US-amerikanischer Seite, das meiste Wasser des Niagara Rivers zur Stromerzeugung herhalten muss.



Weiter ging es dann zum Whirlpool. Dort verwirbelt sich in einer scharfen Flussbiegung das Wasser des Flusses und bildet einen riesigen, fast kreisrunden Pool. Noch einmal ging es vorbei an den Wasserfällen, weiter Richtung Süden nach Fort Erie . Damit hatten wir also auch den fünften der großen Seen Nordamerikas erreicht und gleichzeitig den gesamten Lauf des Niagara Rivers abgefahren. Denn wenn man so will, ist der Auslauf des Erie Sees gleichzeitig auch die Quelle des Niagara.
Hier überquerten wir den Niagara River und erreichten Buffalo. Der Grenzübergang war dieses Mal wieder absolut unproblematisch. Als Tagesziel hatten wir uns einen Walmart Parkplatz in der Nähe von Syracuse ausgesucht. Aber nicht an allen Walmart Standorten sind Wohnmobilisten willkommen. So auch in Syracuse. Wir mussten notgedrungen noch einige Kilometer weiterfahren und übernachteten an einer Autobahn Raststätte. Es war doch sehr laut. So kamen wir am Samstag auch relativ früh auf Achse und es ging weiter in Richtung Boston. Auf einen Campingplatz südlich von Westfield schlugen wir nach weiteren 300 km unsere Zelte auf.
Hier konnten wir die "Eingeborenen" bei ihren Ritualen beobachten. Überall brannten die Feuer und die Leute saßen in warmer Kleidung davor und plauderten. Es geht auf Halloween zu und ähnlich wie bei uns Weihnachten, wird das Fest schon Wochen im Voraus gefeiert. Die Kinder sind kostümiert, skurriler Schmuck, bestehend aus Grabsteinen und Gespenstern schmücken die Eingänge. Bei dem Boom, den Halloween auch bei uns zurzeit erlebt, ist zu vermuten, dass es in wenigen Jahren im Oktober auch bei uns so aussehen wird.



Wir hatten am Sonntag noch etwa 240 km zurückzulegen, bevor wir den Wompatuck State Park im Süden von Boston erreichten. Von hier aus werden wir am Montag der City einen Besuch abstatten.
In den letzten drei Tagen sind wir über 900 km gefahren. Auf der Fahrt erlebten wir wieder das grandiose Naturschauspiel des Indian Summers. Wir haben verschiedentlich versucht, die Pracht der Farben mit dem Fotoapparat und der Videokamera einzufangen, was aber nicht so richtig gelungen ist. Während der Fahrt durch endlose Mischwälder erlebten wir Eindrücke, die nur sehr schwer zu beschreiben sind. Das Farbenspiel war so ausgeprägt und wechselte innerhalb weniger Augenblicke so stark, dass ich Mühe hatte, mich nicht ablenken zu lassen. Das Laub tiefroter Ahornbäume und die in der Sonne goldgelb leuchtenden Blätter anderer Bäume, gemischt mit dem dunklen Grün der Nadelhölzer erzeugten Bilder, die einfach nur schön waren. Genau so hatten wir uns den Indian Summer erhofft, aber kaum vorstellen können.





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