Die neue Woche begann mit einem Grenzübergang in die Vereinigten Staaten. Nach unserer letzten Einreise in die USA, für die wir über 5 Stunden brauchten, hatten wir gewisse Befürchtungen, die aber in keiner Weise erfüllt wurden. Am Grenzübergang auf dem Canada Highway 4 war nur ein einziges Fahrzeug vor uns und so dauerte die Einreise nur wenige Minuten. Die Fahrt verlief weiter Richtung Süden über die Great Plains, die hier eine Höhe von 1000 bis 1200 Meter haben, vorbei an endlosen Weiden und Getreidefeldern. Im Westen konnte man manchmal ganz in der Ferne die Rocky Mountains erkennen. Nur einmal wurde die Fahrt etwas abwechslungsreicher, als wir die Ebene für wenige Minuten verließen und in das Tal des Maria Rivers um ca. 200 Meter hinabfahren mussten, um aber auf der anderen Seite genau so schnell wieder empor zu steigen.
Nach ca. 350 km erreichten wir Great Falls und damit auch zum ersten Mal den Missouri River. Great Falls ist eine typisch amerikanische Stadt mit ca. 50000 Einwohnern. Im Reiseführer fanden wir zu der Stadt keine nennenswerte Hinweise, außer, dass der Fluss innerhalb des Stadtgebiets ein Gefälle von 140 m überwinden muss. Das war Grund genug dem Visitor Center einen Besuch abzustatten. Die nette Dame dort war aber auch der Meinung, dass die Stadt selbst nichts Bedeutendes hergibt und empfahl uns einen Besuch der Rainbow Falls und des Giant Springs State Parks. Als erstes besuchten wir die Wasserfälle. Die Wasserkraft des Flusses wird aber inzwischen zur Stromerzeugung genutzt, wodurch die Wasserfälle für den Besucher erheblich an Attraktivität verloren haben. Weiter ging es dann auf einer schmalen Uferstraße zum kleinen, hübschen State Park. Hier entspringt in einer gewaltigen Quelle der Roe River, der wohl kürzesten Fluss der Welt. Nach nur 201 Feet, das sind noch keine 70 m, mündet er bereits in den längsten Fluss Nordamerikas, in den Mississippi-Missouri. Das ist doch typisch amerikanisch: alle Superlative auf kleinstem Raum.
Von Great Falls aus führte uns am nächsten Tag unsere Reise weiter südwärts durch Montana. Nach noch einmal langweiligen 50 Kilometern, wurde die Landschaft immer bergiger und Montana machte seinem Namen alle Ehre. Durch das Tal des Belt Creek ging es stetig bergauf und nach weiteren 50 km mussten wir unsere erste Passhöhe von 2100 Metern nehmen. Nach der Passhöhe bewegten wir uns auf einer weiteren Hochebene, die von den Belt Mountains im Westen und den Grazy Mountains im Osten umgeben wird, bis wir Livingston und damit den Yellowstone River erreicht hatten. Unser Tagesziel, der Yellowstone National Park, konnte also nicht mehr weit sein. Es ging dann noch ca. 80 km entlang des Flusses, bis wir bei Gardiner den Nordeingang des Parks erreichten. Wir hatten eigentlich gehofft, dass um diese Jahreszeit der Besucherandrang im Park nicht mehr so stark sei. Weit gefehlt: Obwohl die Saison doch eigentlich vorbei war, hatten wir so viel Verkehr in den letzten Tagen nicht mehr erlebt.
Und so war es schwierig, einen vernünftigen Stellplatz zu finden. Die RV-Parks hatten entweder bereits die Saison beendet oder waren voll. An der Fishing Bridge, ziemlich weit im Süden des Parks hatten wir dann doch Glück. Auf dem eigentlich als voll gekennzeichneten und unmittelbar am Yellowstone Lake gelegen Platz, konnten wir nur deshalb unterkommen, weil eine Reservierung nicht wahrgenommen wurde. Wir haben uns gleich für die nächsten vier Nächte hier eingenistet.
Von hier aus erkundeten wir in den nächsten Tagen den Park, dessen Herz eine riesige Caldera, eine mit Magna gefüllte unterirdische Kammer, bildet. Besonders an ihren Rändern ist die Erde ständig in Bewegung und es dampft und brodelt an allen Ecken. Der Nationalpark ist so groß, dass er nur mit dem Auto erkundet werden kann. Entsprechend ist auch das Straßennetz ausgebaut. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten liegen an der Grand Loop, einem Rundweg in Form einer großen Acht. Südöstlich grenzt sie an den Yellowstone Lake und reicht im Norden fast bis an die Parkgrenze.
Unser Stellplatz lag immerhin auf 2350 Meter und so war es kein Wunder, dass am Mittwochmorgen alle Fenster vereist waren und auch im Wohnmobil gewöhnungsbedürftige Temperaturen herrschten. Nachdem aber die Sonne das Regiment übernommen hatte, ging es auch mit den Temperaturen steil bergauf und es wurde ein wunderschöner erster Tag im Yellowstone Park.
Für diesen Tag hatten wir uns vorgenommen, die Geysir Felder im Südwesten des Parks zu besuchen. Auf dem Weg dorthin kamen wir zunächst an den West Thumbs, einer Bucht an der Westecke des Yellowstone Lakes, vorbei. Wir machten einen etwa halbstündigen Spaziergang durch die brodelnden heißen Quellen und Schlammlöcher. Die Löcher, aus denen die heißen Wasser aus der Erde treten, zeigen die unterschiedlichsten Färbungen, obwohl sie teilweise in unmittelbarer Nähe liegen. Die Farbe ist ein Hinweis darauf, welche Mineralien und Mikroorganismen sich in dem heißen Wasser befinden, aber auch welche Temperatur das Wasser in den Löchern hat.
Weiter ging unsere Expedition zum Old Faithfull im Upper Geysir Basin, dem wohl bekanntesten Geysir im Nationalpark. Er ist nicht etwa deshalb so bekannt, weil er der größte oder schönste Geysir ist, sondern weil er in fast regelmäßigen und damit für die Touristen kalkulierbaren Abständen das heiße Wasser und den Dampf bis zu 55 Meter hoch in den Himmel bläst. Dabei spuckt er innerhalb von 2 bis 5 Minuten bis zu 32000 Liter kochendes Wasser aus. Als wir ankamen warteten bereits Hunderte anderer Touristen auf das Ereignis. Es war wirklich spektakulär, wie der Geysir dann fast pünktlich seine Show begann und laut zischend das Wasser und den Dampf ausstieß.
Anschließend ging es auf einem knapp 5 km langen Rundweg durch das Upper Geysir Basin an zahllosen dampfenden und brodelnden Wasserlöchern und heißen Quellen vorbei. Das vielleicht schönste dieser Wasserlöcher ist der Morning Glory Pool, mit seinem türkisblauen, glasklaren Wasser.
Wir hatten wirklich Glück. Auf unserem Rundgang machten uns noch der Riverside Geysir, der Grotto Geysir und der Castle Geysir die Freude und spukten ihr Wasser spektakulär in den Abendhimmel.
Ursprünglich glaubten wir, an diesem Tag noch die anderen Geysirfelder an der südlichen Hälfte der großen Acht des Grand Loop besuchen zu können. Daraus wurde nichts. Es wurde dunkelund es wurde Zeit, uns wieder in Richtung Fishing Bridge in Bewegung zu setzen.
Am Donnerstag befuhren wir dann die nördliche Hälfte der Grand Loop. Erstes Ziel waren die Wasserfälle des Yellowstone Rivers. In der Nähe von Canyon Village, dort wo die beiden Kreise der Acht zusammenstoßen, stürzt sich der Fluss in zwei Schritten um 33 Meter (Upper Falls) und 93 Meter (Lower Falls) in den Grand Canyon des Yellowstone Parks. Die Fahrt ging dann über den North Rim Drive an mehreren Aussichtspunkten vorbei zum Inspiration Point, von dem aus man einen herrlichen Blick in den Canyon genießen kann.
Weiter ging es an vielen hübschen Plätzen vorbei Richtung Norden. Die Versuchung war groß, immer wieder anzuhalten und die Landschaft zu bestaunen. Hätten wir das gemacht, wäre unser Zeitplan allerdings gänzlich über den Haufen geworfen worden. Wir konzentrierten uns also auf die bekannteren Events.
Fast am Nordeingang des Parks, ganz in der Nähe des Visitor Centers, liegen die Mammoth Hot Springs. Heiße Quellen bilden hier Sinterterrassen, die dann, wenn genügend Wasser zur Verfügung ist, sicher wunderschön zu betrachten sind. Wir hatten nicht das Glück, denn der trockne Sommer hat die Quellen versiegen lassen. Die beiden Bilder zeigen, was wir hätten sehen können und was wir gesehen haben.
Am Abend hatten wir noch Besuch von Anne Marie, einer Amerikanerin aus Maryland, die mit Ihren Eltern im Park Urlaub machte. Sie brachte dunkles, selbstgebrautes Bier mit, das hervorragend schmeckte. Sie war vor vielen Jahren bei der Army in Deutschland stationiert und spricht auch heute noch sehr gut deutsch. So gab es viel zu erzählen und die Stunden vergingen im Fluge. Wir mussten ihr versprechen, sie zu besuchen, bevor wir in Baltimore unser Wohnmobil abgeben.
Am Freitag statteten wir drei weiteren Geysirfeldern im Westen des Parks noch einen Besuch ab. Alle drei, das Norris Basin, das Lower Basin und auch das Midway Basin, präsentierten uns einmalig schöne und bunte heiße Quellen und Dampffontänen, die jedoch mit den Geysiren im Upper Geysir Basin nicht mithalten konnten. Auf dem Weg zurück zum Stellplatz hielten uns noch mehrfach Büffelherden auf, die in aller Ruhe die Straße querten. Da hilft nur eins: Geduld; denn die massigen Tiere nervös zu machen, wäre mit Sicherheit Leichtsinn. Auch einen Schwarzbären konnten wir auf unseren Streifzügen durch den Park beobachten. Er war aber zu schnell wieder im Wald verschwunden, bevor wir anhalten und ihn fotografieren konnten.
Insgesamt legten wir an den Tagen im Nationalpark über 600 km zurück. Wir mussten dabei in Höhen von fast 2700 Meter aufsteigen. Wir durchfuhren großer Wälder, kamen an zahllosen Bächen und Seen vorbei und merkten, wie mit jedem Tag der Herbst mehr und mehr Besitz ergriff und alles in kräftige Farben tauchte.
Wir fuhren auch durch große abgebrannte Waldgebiete; denn in trocknen Wetterperioden brennt es immer wieder im Yellowstone Park. Dabei konnten wir beobachten, wie die Vegetation wieder die Flächen zurückeroberte. Die Wälder, die in diesem Jahr brannten, lagen leblos und schwarz am Straßenrand, aber bereits nach einem Jahr ist der Boden wieder grün und in den Folgejahren wachsen zwischen den verbrannten und abgestorbenen alten Bäumen junge kräftige Bäume nach.
Der Yellowstone Nationalpark war bis jetzt auf dem zweiten Teil unserer Reise durch Amerika das absolute Highlight. Wir haben ihn jetzt im Herbst erleben dürfen und es wächst die Lust, das Ganze noch einmal im Mai oder Juni zu erleben, wenn der Schnee zurückweicht, all die Wiesen blühen und die Bäche und Seen mit viel Wasser gefüllt ihr Schauspiel präsentieren.
Am Samstag verließen wir dann über den Ostausgang den Nationalpark Richtung Cody. Cody ist eine Gründung von William F. Cody, besser bekannt unter dem Namen Buffalo Bill. In der Stadt, ca. 8000 Einwohner, dreht sich alles um diese wohl größte und schillernste Person in ihrer Geschichte.
Fest steht, dass Buffalo Bill sehr früh, bereits mit 12 Jahren, auf sich selbst gestellt war. Er verdiente seinen Lebensunterhalt als Ponyreiter von Wells Fargo, als Kundschafter der US Army beim Kampf gegen die Indianer, als Goldgräber und als Entertainer. Gemeinsam mit Sitting Bull, dem legendären Indianerhäuptling präsentierte er sogar seine Westernschau in den Hauptstädten Europas. Obwohl er in jungen Jahren gegen die Indianer gekämpft hatte, wurde er später einer ihrer wichtigsten Fürsprecher. Auch soll er einer der Wortführer für die Einführung des Frauenwahlrechts in Wyoming gewesen sein.
Wir besuchten also zuerst das Buffalo Bill Historical Center mit dem Buffalo Bill Museum, dem Plains Indian Peoples Museum und dem Firearms Museum. In modernen Museumsgebäuden werden hier allerlei Dinge zur Besiedlung des amerikanischen Westens und sich darum rankende Geschichten erzählt. Der Besuch war wirklich lohnend.
Neben den Museen ist wohl Irmas Hotel die Hauptattraktion der Stadt. Das Hotel wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Buffalo Bill gebaut und nach seiner jüngsten Tochter benannt. Er selbst bewohnte darin 2 Suites und ein Büro. Heute findet vor dem Hotel in den Sommermonaten alltäglich außer Sonntags eine Westernshow statt, die man gesehen haben soll. In einer wilden Knallerei half darin Buffalo Bill persönlich dem Guten zum Sieg.
Bemerkenswert ist, das vor Beginn der Veranstaltung zunächst für alle möglichen Geschäfte in der Stadt Reklame gemacht wird. Bevor dann aber die eigentliche Show begann, standen alle auf und mit großer Ernsthaftigkeit wurde die amerikanische Nationalhymne angestimmt.
Der Besuch in Cody wäre nicht abgerundet gewesen, hätten wir nicht abends in Irmas Hotel unser Abendessen zu uns genommen. Wir haben uns ein Prime Rib bestellt, Inge 12 Unzen und ich 16 Unzen. Das Fleisch war vom Allerbesten. Auf die Beilagen haben wir dann Platzgründen, der Magen war zu klein, verzichtet.
Unser nächstes Ziel war der Mount Rushmore Nationalpark. Um den zu erreichen legten wir am Sonntag einen reinen Fahrtag ein, der uns durch reizvolle Landschaften quer über das Big Horn Gebirge führte. Dabei mussten wir noch einmalimmerhin wieder Höhen von über 2700 Meter erklimmen.