Die letzte gemeinsame Reisewoche
16.05.2010 Magdalena de Kino

Die letzte gemeinsame Woche ist angebrochen. Das Tagesziel hieß San Blas, einem kleinen Fischerdorf an der Pazifikküste. Auf dem Weg dorthin machten wir in Amaticán, einem Stadtteil von Tequila, Station, um die Tequilaherstellung auf der Hacienda San José de Refugio kennen zu lernen.
Zunächst lernten wir, wann ein Anwesen sich Hacienda nennen darf und zwar: es muss ein Produkt herstellt werden, es müssen Tiere vorhanden sein, für die Arbeiter müssen Unterkünfte zur Verfügung stellt werden, ein Herrenhaus muss existieren und ein Kapelle muss vorhanden sein. Was die meisten von uns auch nicht wussten, ist, dass Tequila ähnlich wie Cognac ein geschützter Name ist und das sich nur Brände aus Tequila selbst oder der unmittelbaren Umgebung so nennen dürfen. Tequila wird aus dem Herzen der blauen Agave hergestellt. Dazu wird die etwa siebenjährige Pflanze geerntet, alle Blätter entfernt und nur der ananasähnliche Pflanzenkörper benutzt. Dieser sehr zuckerhaltige Pflanzenteil wird 36 Stunden gekocht, gemahlen und gepresst. Auf diese Art gewinnt man eine 7 % bis 12 % zuckerhaltige Flüssigkeit, die anschließend vergoren wird und in einem zweimaligen Destillationsvorgang zu dem weltbekannten mexikanischen Nationalgetränk verarbeitet wird.

Bei der Anfahrt zur Destille habe ich ein deutliches Geräusch beim Bremsen bemerkt. Es war also an der Zeit, sich die vorderen Bremsbeläge einmal etwas genauer anzuschauen. Da ich diese Arbeit nicht hier am Straßenrand erledigen wollte, mussten wir noch zunächst ca. 240 km bis zu unserem Stellplatz zurücklegen. Das Problem war nur, dass wir uns noch immer auf ca. 1600 m Höhe befanden und ich meine Bremsen möglichst wenig beanspruchen wollte. Aber es geht. Trotz Topes und Mautstellen habe ich auf der gesamten Strecke vielleicht 5 mal die Bremse genutzt, den Rest habe ich durch rechtzeitiges Zurückschalten mit der Motorbremse geschafft.

Auf dem Campingplatz angekommen, wurde sofort das Wohnmobil hochgebockt, das rechte Vorderrad demontiert und die Bremsen inspiziert. Es war höchste Zeit, die Bremsbacken mussten gewechselt werden. Es war ja auch zu erwarten, dass nach knapp 60000 km und den Strapazen der vergangenen Monate der Austausch notwendig wurde. Die Frage war nur, fahre ich in eine Werkstatt oder führe ich die Reparatur selbst durch. Nach den Erfahrungen mit der Fiatvertragswerkstatt in Rio Gallegos entschloss ich mich dann doch, die Arbeiten selbst durchzuführen. Die Ersatzteile hatte ich vorsorglich dabei und da diesen auch eine sehr gute Anleitung beigelegt war, war die Demontage und Montage fast ein Kinderspiel. Auch der Gruppengeist trat noch einmal voll in Erscheinung. Jeder wollte mir helfen und die Anregungen und Tipps waren auch gut. Uwe hat gleich sein eigenes Werkzeug geholt, das Auto auf der anderen Seite hochgebockt und dort die Bremsbacken gewechselt, so dass wir in kürzester Zeit mit der Arbeit fertig waren.
Ich war trotzdem geschafft. Die Hitze hat mir den Schweiß literweise aus den Poren getrieben und ich kam kaum mit dem Trinken nach. Nach einem kühlen Bier zum Abschluss, fiel ich todmüde ins Bett.
Am Dienstag stand dann eine Probefahrt mit Bremsversuchen an. Unser Campingplatz lag ca. 13 km von San Blas entfernt. Also statten wir dem Dorf einen Besuch ab. Die Bremsversuche verliefen alle problemlos. Das Dorf selber hat nicht viel zu bieten. Wir kauften Brot und es ging zurück zum Stellplatz.

Für abends hatten Janette und Uwe Fisch und Garnelen bis zum Abwinken besorgt. Hier an der Pazifikküste ist die weltgrößte Garnelenfangflotte zu Hause und es wäre eine Schande gewesen, wenn wir diese Chance ungenutzt hätten vergehen lassen. Jeder trug mit Salaten oder sonstigen Kleinigkeiten noch zum Gelingen des Abends bei und es wurde wirklich einer der schönsten Gruppenabende der ganzen Reise.
Der Mittwoch führte uns dann über 320 km geradewegs nach Norden nach Mazatlan, knapp südlich des Wendekreises des Krebses. Auch hier stehen wir wieder unmittelbar an der Pazifikküste. Die leichte Brise, die ständig vom Meer her weht, lässt uns die Temperaturen gut ertragen. Zu allem Überdruss musste ich feststellen, dass gerade dann, wenn man die Klimaanlage am ehesten braucht, diese den Geist aufgegeben hat. Na ja, es muss dann eben auch so gehen.
Donnerstag war Vatertag und auch der letzte fahrtfreie Tag bis zu unserer Ankunft in den USA. Also was lag näher als zu faulenzen, diesen Bericht vorzubereiten und es uns sonst gut ergehen zu lassen. Am Abend gaben Janette und Uwe ihren offiziellen Abschied von der Gruppe. Selbstverständlich werden Sie uns bis in die USA begleiten, aber jeder Anlass zum Feiern muss genutzt werden.

Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich, aber die Gespräche kreisten nun doch schon sehr stark um den kommenden Abschied. Janette und Uwe veranstalteten mit uns ein Quiz. Sie stellten uns Fragen zu Orten und Ereignissen des vergangenen halben Jahres. Der Beweis konnte angetreten werden, dass wir zumindest nicht alles bereits wieder vergessen hatten. Die Sangria von Janette schmeckte lecker, das mexikanische Essen war klasse und die Wellen des Pazifiks schlugen mit voller Kraft an das Ufer. So vergingen auch diese Stunden wie im Fluge und spät am Abend zogen sich alle wieder in ihre Blechkiste zurück.
Weiter ging es am nächsten Tag nach Los Mochis. Hier standen wir in einem relativ tristen RV-Park. Einziger Trost war, dass der Internetzugang gut funktionierte. Abends stießen dann die beiden Helmuts wieder zu uns. Sie hatten in den vergangenen Tagen einen Ausflug in den Copper Canyon (Barranca del Cobre) unternommen. Sie eröffneten uns, dass sie sich entschlossen hätten, an diesem Abend von Los Mochis mit der Fähre zur Baja California überzusetzen. Sie verabschiedeten sich von uns mit einem Umtrunk. Ich fand es schade, dass wir nicht, wie am Anfang der Reise vereinbart, den letzten Whisky in Tombstone, Arizona gemeinsam trinken konnten.
Nach Guaymas waren am Samstag dann wieder 360 km zu fahren. Es ist im Rahmen der gemeinsamen Reise unsere letzte Station am Pazifik. Wir standen hier an einem wunderschönen Hotel an der Pazifikküste. Von der Hotelterrasse hatten wir einen einmaligen Blick hinaus auf das Meer und zu den vorgelagerten Inseln. Für den Abend war Grillen und Restetrinken angesagt. Die Reisegruppe nutzte das Zusammensein, um sich mit einem Sketch, unter der Regie von Rita und Wolfgang und einem herzlichen Dankeschön von Janette und Uwe zu verabschieden.

Die Reisetage sind, obwohl ja jeden Tag mehr als 300 km zu bewältigen waren, nicht besonders anstrengend. Die Fahrt geht fast ausschließlich über die Autobahn und so erreichen wir auch am Sonntag unser Tagesziel Magdalena de Kino ohne Probleme. Uns trennen jetzt nur noch wenige Kilometer von der US-amerikanischen Grenze, die wir am morgigen Montag überqueren wollen.