Das Land der Vibratores, Topes und fantastischer Mayastädte

25.04.2010 Campeche
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Mexiko ist eine besondere Herausforderung für jeden Autofahrer. Zwar kennen wir die Boller, Tumultes oder wie auch immer jene quer auf der Fahrbahn angebrachten Betonschwellen heißen mögen, von allen Ländern Lateinamerikas, aber was wir hier in Mexiko an Bremsmotivationsanreizen geboten bekommen, ist schon etwas besonderes. Vor und nach jedem Dorf, in allen Städten hundertfach, auf der ´Autobahn´ vor jeder Bushaltestelle begrüßen uns die Vibratores und Topes, wie sie hier heißen, in den ausgefallensten Formen und Anordnungen. Gott sei gedankt, werden die meisten dieser schlafenden Polizisten vorher angekündigt. Es kommt aber immer wieder vor, dass man plötzlich auf der Fahrbahn einen leichten Schatten erkennt und dann hilft nur eine Vollbremsung, sonst fliegt unser ganzer Hausrat durcheinander. Die Objekte sind teils so geformt, dass man selbst bei Kriechgeschwindigkeit hart aufschlägt. Bisher, ich hoffe, dass es so bleibt, habe ich noch keinen bösartigen Boller richtig übersehen.



Bevor unsere Reise weiterging, standen wir zwei weitere Tage in Paa Mul an der Karibikküste und ließen den lieben Gott einen guten Mann sein. Geplant war ja, dass Janette am Mittwoch wieder zu uns stoßen wird. Dem hat der Vulkan auf Island einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Aschewolken über Europa verhinderten ihre pünktliche Rückkehr und damit auch den erhofften Einbau des neuen Kühlerventilators. Da sie erst in Mexico City wieder bei uns sein wird, bedeutet dies für uns, dass wir kurz vor dem ersten Mai mit nur einem Kühlerventilator noch einmal bis auf rund 3200 Meter über dem Meeresspiegel klettern müssen. Das Auto verhält sich allerdings auf den letzten Etappen sehr gutmütig, so dass ich hoffe, dass es auch diese Herausforderung bestehen wird.
Die Mittwochsetappe führte uns endgültig weg von der Karibik und in die trockenheiße Ebene von Yukatan. Unser Tagesziel hieß Chichen Itza, eine weitere und neben Tikal vielleicht die bekannteste aller Mayastädte. Hier auf Yukatan gibt es Dutzende von Mayastädte, die es alle mehr oder weniger verdienen besucht zu werden. Aber es erwartet ja auch niemand von einem Deutschlandtouristen, dass er alle Burgen und Schlösser am Rhein besuchen wird. Auch wir konzentrieren uns daher nur auf die wichtigsten und bekannten Orte. Unterwegs zu unserem Tagesziel legten wir aber trotzdem noch einen Zwischenstopp in Coba, einer weiteren Mayastadt, ein und besichtigten die Anlage. Die Anlage selbst gehört der ""vorklassischen Zeit"" an, die die Archäologen auf das zweite und dritte nachchristliche Jahrhundert datierten. Sie erscheint auf den ersten Blick nicht so eindrucksvoll wie ihre bekannteren Schwesterstädte, bietet aber den Reiz, dass man sie noch in dem Zustand betrachten kann, wie sie die Forscher bei ihrer Entdeckung vorfanden.



Gegen 15 Uhr erreichten wir die Ortschaft Piste, ganz in der Nähe der Tempelanlage, wo wir für die beiden nächsten Nächte unser Wohnmobil abstellten. Am Donnerstagmorgen starteten wir zu Fuß in Richtung Chichen Itza. Obwohl es relativ früh am Morgen war, waren unsere Hemden nach dem Fußmarsch von ca. 30 Minuten das erste Mal für diesen Tag durchgeschwitzt. Der erste richtige Blickfang war für uns natürlich das Schloss oder wie sie richtiger heißt, die Pyramide des Kukulkan, diese große, weltbekannte Pyramide, deren Bild in keinem Bericht über die Mayaarchitektur fehlen darf. Sie ist auf einer quadratischen Fläche von 60 Meter Kantenlänge erstellt und reicht 24 Meter in die Höhe. Ihre Ausrichtung auf dem zentralen Platz ist exakt nach astronomischen Daten bemessen, so dass zur Sonnenwende und bei Tag- und Nachtgleiche die Sonne besondere Lichteffekte erzeugt. Weitere wichtige Bauwerke sind der Platz der ""Tausend Säulen"" und natürlich der Ballspielpltz. Von den 13 in Chichen Itza aufgefundenen Ballspielplätzen ist dies der Größte und Beeindruckendste. Die Forscher sind sich aber bis heute nicht einig, wie das Ballspiel, bei dem ein ca. 3 kg schwerer Ball nur mit den Hüften bewegt werden durfte, in dieser riesigen Anlage abgelaufen sein soll.

Weiter ging es zur Heiligen Cenote. Cenoten sind natürliche Wasserlöcher, die durch Erosion entstanden und häufig durch unterirdische Flüsse verbunden sind. In der trocknen Umgebung von Chichen Itza war dieser Platz natürlich einem Wassergott geweiht und so ist es auch kein Wunder, dass bei Untersuchungen der Bodensedimente neben bedeutenden Schmuckfunden auch viele Reste von menschlichen Skeletten gefunden wurden. Die Erzählungen berichten, dass in Trockenphasen Menschen in dieses Wasserloch gestürzt wurden, aus dem es kein Entrinnen gab. Für die Geopferten war dies eine Ehre, kamen sie doch auf diese Art und Weise dem Paradies auf schnellstem Wege nahe. Die letzte Station war die Sternwarte, einem Gebäudekomplex mit aufgesetztem, rundem Turm, der den Mayapriestern zur Beobachtung der Himmelsphänomene diente.
Die archäologische Anlage von Chichen Itza ist von der UNESCO als Weltkulturerbe geschützt. Das Einzig störende hier ist, dass in der Anlage hunderte von Händlern ihre Waren anbieten, die niemand auf der Welt braucht, aber doch wohl von allen Touristen gekauft werden.
Ziemlich abgekämpft machten wir uns um die Mittagszeit wieder auf zu unseren Wohnmobilen, um am Abend den gleichen Weg noch einmal einzuschlagen; denn nach Einbruch der Dunkelheit begann in der Anlage eine Lichterschau, zu der die Geschichte Chichen Itzas erzählt wurde. Es war ein nettes Spektakel, zu dem ich leider keinen Fotoapparat mit genommen hatte.
Freitag ging es dann nach Uxmal, einem weiteren Highlight auf unserer Mayatour. Die Anlage ist gigantisch und man kann in Uxmal einen hervorragenden Eindruck davon gewinnen, wie einst eine Mayastadt ausgesehen haben muss. Wichtige Gebäude sind wenigstens teilweise so weit wieder rekonstruiert, dass man eine Vorstellung ihres ursprünglichen Aussehens gewinnen kann. Außerdem bietet sich dem Besucher besonders vom Gouverneurspalast aus ein Ausblick über große Teile der Gesamtanlage.



Das zentrale Gebäude, die Wahrsagerpyramide, die angeblich ein Zwerg mit Hilfe seiner Mutter, die eine Hexe war, in einer Nacht errichtete, ist mit ihrem ovalen Grundriss einmalig in der Mayawelt. Die Pyramide ist über mehrere Jahrhunderte hinweg entstanden und weist mehrere überbaute Strukturen auf, deren letzte erst die ovale Form aufweist. Ein beeindruckender Gebäudekomplex ist auch das Nonnenviereck, das sich im Süden an die Pyramide anschließt. Die Spanier glaubten auf Grund der Gebäudearchitektur bei ihrer Entdeckung, dass es sich um ein Nonnenkloster handele und gaben diesem Komplex daher den Namen. Der gesamte Komplex bildet eine wunderschöne Einheit und es ist schwer zu sagen, welcher der Tempel der schönste ist.
Zwischen Nonnenviereck und Gouverneurspalast findet man wieder den typischen Ballspielplatz. Der Palast selbst erhebt sich auf einem Plateau im Osten der Anlage. Drei große Gebäude mit gewaltigen, verzierten Simsen beherrschen diesen Teil der Anlage. Ihm schließt sich schließlich die große Pyramide an, die aber nur auf einer Seite bisher freigelegt wurde.

Auch in Uxmal gab es am Abend noch einmal eine Lichterschau, zu der ich dieses Mal aber auch meinen Fotoapparat mitnahm, um wenigstens einen kleinen, mit Sicherheit nicht die Wirklichkeit reflektierenden Eindruck, für meine Bildersammlung festzuhalten.
Weiter ging es am Samstag auf unserer Reise. Ziel war Campeche, am Golf von Mexiko. Die Fahrt war wenig spektakulär und wir erreichten bereits um die Mittagszeit unser Tagesziel. Nachdem wir uns häuslich eingerichtet hatten, bestellte Helmut für 17.30 Uhr ein Taxi, das uns zur Stadt bringen sollte. An der Rezeption des Club Nautico, der für die nächsten beiden Nächte uns einen sicheren Stellplatz bot, war man mit einem solchen Ansinnen aber offensichtlich total überfordert. Um 18.20 Uhr gaben wir unsere Bemühungen auf. Norbert, der sowieso noch mit seinem eigenen Auto in die Stadt fahren wollte, lud uns kurzerhand ein und so gelangten wir sogar noch kostenlos und sehr bequem doch noch an unser Ziel. In einem Restaurant am zentralen Platz mit Blick auf die Kathedrale aßen wir zu Abend und machten noch einen Bummel durch die hübsch illuminierte Altstadt.



Die Tage in Campeche waren bisher die heißesten Tage auf unserer gesamten Reise. Am Samstag hat mein Thermometer über 42 °C angezeigt. Andere Mitfahrer sprachen von 46 °C. Egal, es war einfach nur heiß. Auch der Sonntag brachte keine wesentliche Abkühlung. Wir verbrachten den Tag also mit Nichtstun und Baden. Erst gegen Abend frischte der Wind etwas auf und brachte Erleichterung.

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