Im Land der Maya
18.04.2010 Paa Mul

Diese Woche führte uns unsere Tour wieder quer durch Mittelamerika hin zur Ostküste und dem karibischen Raum. Die ersten 10 Kilometer waren bei den zu bewältigenden Steigungen richtig spannend, aber letztlich hat mein Wohnmobil auch diese Prüfung trotz defektem Lüfter gut bestanden. Anschließend ging die Fahrt zurück, an Antigua vorbei, quer durch Guatemala Stadt und weiter nach Nordosten bis zum Rio Dulce, der der Ablauf des Lago de Izabal in die karibische See ist. Es dauerte immerhin über 10 Stunden, bis wir unser Ziel erreichten. Dafür war die Dienstagetappe wieder deutlich einfacher.

Wir fanden Zeit, in Flores, einem kleinen, hübschen Städtchen auf einer Insel im Lago Petèn Itza eine geruhsame Mittagspause einzulegen. Nach einem Spaziergang kreuz und quer über die Insel, setzten wir unsere Fahrt fort und erreichten bei Einbruch der Dunkelheit Tikal, einen der kulturellen Höhepunkte unserer gesamten Reise. Die Nacht standen wir auf einer großen Wiese, direkt am Eingang zum UNESCO Weltkulturerbe. Tikal ist einer der wenigen Plätze auf der Erde, wo sich Weltkulturerbe und Weltnaturerbe überschneiden. Die Ruinen der Mayastadt liegen in einem einzigartigen, von Dschungel und Regenwald geprägten Gebiet, dass von seltenen und vom Aussterben bedrohten Tieren wie Puma, Brüllaffe, Spiderman und Ara bewohnt wird. Nach Sonnenuntergang, wenn die brütende Hitze von einem milderen Lüftchen verdrängt wurde, erwachte auch der Urwald und wir vernahmen ganz eigenartige Geräusche, die uns richtig unheimlich wurden. Trotzdem verbrachten wir eine ruhige Nacht in unseren mobilen Heimen. Am Morgen wurden wir dann schon recht früh von dem alles durchdringenden Rufen der Brüllaffen geweckt. Diese Tiere verdienen wirklich Ihren Namen.
Um 8 Uhr standen alle gestiefelt und gespornt am Eingang zur Palastanlage von Tikal. Dort wurden wir von Dieter Richter, einem deutschen Architekten und Wissenschaftler empfangen, der seit mehreren Jahrzehnten in Mittelamerika lebt und ein anerkannter Fachmann der Mayaarchitektur ist. Die Wurzeln von Tikal reichen über 2500 Jahre zurück. Mit seinen Tempeln, Pyramiden und Palästen war Tikal das Herz der Mayawelt und stellt auch heute noch ein einmaliges Erlebnis dar. Der Park mit seinen Anlagen wurde 1955 geschaffen und bereits im Jahre 1979 von der UNESCO geschützt. Dieter Richter gestaltete die Führung durch die Anlage selbst zu einem Erlebnis. Ungezwungen und locker erklärte er uns die Entwicklung der Mayastätte. Zunächst führte er uns auf den Tempel IV, am südöstlichen Rand der Anlage, von dem aus wir einen wunderbaren Überblick über die gesamte Palastanlage bekamen.

Der weitere Spaziergang brachte uns dann in den Süden der Anlage mit den ältesten erhaltenen Bauwerken. Ganz in der Nähe der Plaza de los Siete Templos, Platz der sieben Tempel, befindet sich auch der Ballspielplatz. Er ist einzigartig in der Mayawelt, da auf ihm gleichzeitig drei Spiele ausgeführt werden konnten. Dieter Richter nahm hier die Chance wahr, ein häufig von Reiseführern verbreitetes Märchen zu korrigieren, nach dem die Verlierer (bei machen Führern auch die Gewinner) eines Spiels ihr Leben lassen mussten. Auf unserem Weg durch Tikal kamen wir auch an Hügeln vorbei, die eindeutig auf noch verschüttete Tempelanlagen hinweisen. Der gesamte Tempelbezirk umfasst ca. 16 qkm und beherbergt noch manchen ungehobenen Schatz. Das Ziel unserer Wanderung war natürlich die Akropolis an der Gran Plaza. Hier im Zentrum Tikals stehen die prächtigsten Bauten, die teils mehrfach überbaut wurden und in denen sich das politische und administrative Herz der Mayagesellschaft befand. In ihnen lebten die Herrscher, hier wurden die politischen Fäden gezogen und das kulturelle Leben gestaltet.
Inzwischen war es Mittag und die Sonne brannte unbarmherzig vom Himmel. Langsam spazierten wir mit einer ganzen Fülle neuer Bilder und noch mehr Erkenntnissen über die Mayas in Richtung Ausgang.
Am Donnerstag ging es dann in einer relativ kurzen Etappe von nur 110 km bis kurz hinter die Grenze von Belize. Belize ist anders als die anderen zentralamerikanischen Staaten, die wir bisher kennengelernt hatten. Das frühere Britisch Honduras ist eben nicht durch die Spanien, sondern durch England geprägt. Entsprechend anders ist die Architektur, aber auch die Landschaft wirkt aufgeräumter und ordentlicher. Eben britischer. Am Freitag durchquerten wir Belize von Süd nach Nord. Die Straßen waren schmal aber gut. Kurz von Belmopan, der Hauptstadt, unternahmen wir einen Abstecher zur Blue Hol, einem mitten im Dschungel gelegenen kleinen See, in dem man baden und mit den Fischen spielen kann. Wieder zurück auf der Hauptstraße ging es an der Hauptstadt vorbei, die so groß ist, dass man sie tatsächlich übersehen kann.

Auch einen Besuch im Belize-Zoo ließen wir uns nicht entgehen. Von der Größe ist er vielleicht mit dem Neuwieder Zoo vergleichbar. Der Reiz der Anlage, deren Ursprung darauf zurückgeht, dass für einen Film domestizierte Tiere nicht wieder ausgewildert werden konnten, liegt darin, dass man mehr den Eindruck hat, die Besucher sind die Gefangenen und die Tiere können sich weitgehend frei im Dschungel bewegen.

Unsere Mittagsmahlzeit nahmen wir in Jachthafen von Belize City ein, um anschließend unsere Reise Richtung Norden fort zu setzten. Unser Tagesziel an der Bahia de Chetumal erreichten wir kurz nach 17 Uhr.
Für Samstag war die Einreise nach Mexiko geplant. Damit haben wir endgültig Mittelamerika verlassen und den nordamerikanischen Kontinent erreicht. Der Grenzübergang war zwar langwierig aber problemlos. Um die Mittagszeit konnten wir unsere Fahrt nach Norden auf die Halbinsel Yucatan fortsetzen, wo wir in Paa Mul (Playa del Carmend) auf der Höhe der Isla Cozumel für die nächsten drei Tage unsere Zelte aufschlagen werden. Unterwegs kamen wir noch an Tulum vorbei, die einzige Mayastätte unmittelbar am Meer. Die heftigen tropischen Gewitterschauer, die uns schon seit der Einreise nach Mexiko begleiteten, hielten uns aber davon ab, sie zu besichtigen. Inge und ich kennen die Anlage von einem früheren Besuch und für uns wäre hauptsächlich der Wiedererkennungseffekt von Interesse gewesen.
Am Samstagabend kam Unmut innerhalb der Gruppe auf; denn einen Stellplatz für einen Karibikaufenthalt hatten sich die meisten der Runde anders vorgestellt. Mit dazu beigetragen hatte natürlich auch das regnerische Wetter, dass alles grau in grau erscheinen lies. Die Anlage in Paa Mul ist überwiegend von älteren US-Amerikanern bewohnt, die hier ihre Winter verbringen. Sie ist auch für unsere Begriffe etwas gewöhnungsbedürftig: Unter großen Palmblätter bedeckten Dächern haben sie Ihre riesigen amerikanischen Wohnmobile oder Trailer regelrecht eingemauert. Auf dem Platz gibt es zwar Palmen aber sonst so gut wie kein Grün.

Der einzige Vorteil ist die Lagune, die hier das Meer vom Ufer trennt. In dem klaren, türkisfarbenen Wasser können sich die Fische und die Badegäste nach Herzenslust tummeln, nur eben der erträumte Blick auf das offene Meer von unseren Wohnmobilen fehlt ganz. Am Abend gaben Daniel und Judith ihren Ausstand und Liesel-Peter feierte seinen 66. Geburtstag. Nach einer ruhigen Nacht lachte uns am Sonntagmorgen wieder die Sonne an und auch die Gemüter hatten sich wieder beruhigt.