Die neue Woche begann mit einer langen, strapaziösen Fahrt von Lima in das 620 km nördlich gelegene Trujillo. Zunächst musste die gesamte Großstadt durchquert werden. Auf diese Weise konnte ich wenigstens vom Fahrzeug aus auch noch die Fassaden der Altstadt von Lima selbst in Augenschein nehmen. Insgesamt mussten wir eine Strecke von über 70 km hinter uns lassen, bevor wieder die Wüste bis an die Straßenränder reichte.
Knappe 5 km später geschah es dann: das Tiremoni (Druckprüfung für die Reifen) schlug Alarm. Der Reifen vorne rechts verlor rasant an Druck. Also aussteigen und Reifenwechsel. Wir waren dankbar, dass die Panne nicht im Stadtgebiet von Lima passiert ist; denn dann wäre es richtig stressig geworden. Die Spuren sind eng und der Verkehr wahnsinnig. Nach knapp einer Stunde konnten wir die Reise fortsetzen. Es ging immer an der Küste entlang nach Norden. Für uns war der Rest des Tages Routine. Ein Paar aus unserer Gruppe wird diesen Tag mit Bestimmtheit sein Leben lang nicht mehr vergessen. Irgendwo, nach etwa der halben Fahrtstrecke, geriet ihr Wohnmobil ins Schleudern, überschlug sich und blieb auf den Rücken liegen.
Das Auto wurde total zerlegt. Ob ein Reifen daran Schuld hatte oder ob es sich um einen Fahrfehler handelte, kann keiner so richtig beantworten. Die Hauptsache war jedoch, dass sich unsere Beiden selbständig aus ihrer misslichen Lage befreien konnten und noch nicht einmal eine Schramme davontrugen. Inzwischen befinden Sie sich in Nordamerika, wo sie sich ein anderes Wohnmobil zulegen wollen, um uns auf halber Strecke entgegen zu kommen. Wahnsinn, oder?
In Trujillo besichtigten wir am nächsten Morgen die Ruinenstadt Chan Chan. Sie war einst die Hauptstadt des mächtigen Reiches der Chimú, die ca. 1000 - 1450 n. Chr. als Nachfolgevolk der Mochica die Küstenwüste zwischen Paramonga und Tumbes beherrschten. Chan Chan dehnte sich in seiner Blütezeit im 13. und 14. Jahrhundert auf etwa 20 qkm aus und beherbergte 50000 bis 80000 Einwohner. Es war vollständige mit einer Adobemauer umgeben und war zu seiner Zeit die größte Stadt ganz Südamerikas und wahrscheinlich sogar der ganzen Welt. Mit Chan Chan hatte die Städtebaukunst in Peru ihren Höhepunkt erreicht. Man fand unermessliche Gold- und Silberschätze und auch fein gearbeitete Keramik.
Die Konservierung und Erhaltung des UNESCO-Weltkulturerbes ist äußerst schwierig, da die ganze Stadt aus Adobebauwerken besteht und die Klimaänderungen immer mehr Regen in diese Gegend bringen. Mittags ging es weiter nach Lambayeque. Dort befindet sich das Museo Tumbas Reales de Sipan, das die Grabfunde von Sipan und die des Herrschers von Sipan ausstellt. Es ist das modernste und das beeindruckenste Museum Perus.
Für Mittwoch stand der Grenzübergang nach Ecuador auf dem Plan. Dafür mussten wir noch einmal ca. 370 km zurücklegen. Abgesehen von einigen Computerabstürzen beim Zoll auf der ecuadorianischen Seite, war der Grenzübergang problemlos.
Welch ein Unterschied zum Nachbarland Peru. Plötzlich waren die Straßen sauber, die Häuser herausgeputzt und die Landschaft grüner. Wir waren alle sehr überrascht, hatten wir doch von Ecuador so gar keine klare Vorstellung und erwarteten eigentlich kaum einen Unterschied zu Peru.
Kurz hinter der Grenze fanden wir unser Nachtquartier. Nachdem alle Computerabstürze (wie sich später herausstellte lag es wohl eher daran, dass der Beamte einfach Feierabend machte) überstanden waren, feierten wir abends wir dann noch Norberts 70. Geburtstag.
Ein Fahrzeug konnte das Tagesziel nicht aus eigener Kraft erreichen und musste zum Ziel geschleppt werden. Die Lichtmaschine hatte zum wiederholten Male den Dienst quittiert. Da die Reparatur erst in Loja durchgeführt werden konnte, musste das Wohnmobil huckepack auf einem Transporter das nächste Tagesziel erreichen.
Die erste Etappe auf ecuadorianischem Boden begann recht abenteuerlich. Wir befuhren nicht die Panamericana, sondern eine landschaftlich sicher reizvollere Straße, die auf den ersten 50 km nicht nur von vielen Schlaglöchern und Bergrutschen begleitet wurde, sondern auch in einen Nebel gehüllt war, der uns kaum die Straße erkennen lies. Ich war froh, als wir nach ca. 2 Stunden Fahrt die Wolken unter uns gelassen hatten und entspannt dem Tagesziel Loja entgegen streben konnten.
Abends mussten wir leider feststellen, dass bei einem weiteren Fahrzeug unserer Flotte ein Schaden aufgetreten war. Unsere Freunde fuhren mit beschädigtem Getriebe bis Cuenca weiter, weil dort eine entsprechend qualifizierte Werkstatt zu finden sei und hoffen rechtzeitig vor der Verschiffung unserer Wohnmobile wieder fahrbereit zu sein. Leider war es bis zum Wochenende nicht klar, ob und wie das Getriebe repariert werden kann. Im Moment fährt unser Tross nur noch mit 15 statt der planmäßigen 17 Fahrzeuge.
Am Freitag fuhr dann auch der Rest der Truppe von Loja nach Cuenca. Cuenca ist eine bedeutende Universitätsstadt und besitzt eine hübsche Altstadt.
Die vielen jungen Leute, die abends die Innenstadt bevölkern, lassen die Stadt noch attraktiver erscheinen. Am Samstagmorgen besuchten wir das Museo del Sombrero. Man muss wissen, dass die echten Panamahüte aus Ecuador stammen und auch heute noch hier gefertigt werden. Cuenca ist die Hochburg der Hutherstellung.
Wir lernten die Fertigungsschritte kennen und auch die Qualitätsmerkmale zu unterscheiden, die einen doch erheblichen Preisunterschied rechtfertigen sollen (18 bis 300 US$). Ich konnte mich leider für keinen der Hüte entscheiden. Es war wie immer, die billigen passten mir nicht oder waren nicht schön und die anderen waren mir einfach zu teuer. Vorher statteten wir der Markthalle noch einen Besuch ab. Die angebotenen Lebensmittel, egal ob Obst, Gemüse, Backwaren oder Fleisch, wurden alle sehr sauber und appetitlich präsentiert.
Nach dem Hutmuseum machten wir noch einen ausgedehnten Bummel durch die reizvolle Altstadt von Cuenca. Wir besuchten die Alte und Neue Kathedrale, spazierten am Ufer des Barranco entlang und genossen den Tag.
Sonntag war wieder ein anstrengender Reisetag, der uns nach Quito, der Hauptstadt Ecuadors, führen sollte. Wir befuhren die Panamericana, die auf diesem Teilstück hervorragend ausgebaut ist. Am frühen Nachmittag erreichten wir die Stadt. Die Altstadt mit ihren engen und steilen Gassen wollten wir westlich umgehen, um zu unserem Tagesziel im Norden der Stadt zu gelangen. Normalerweise wäre das auch kein Problem gewesen, da wir ja alle über GPS-Geräte verfügen. Doch die Probleme begannen, als wir in den ersten Tunnel einfahren wollten, der wegen Bauarbeiten gesperrt war. Ich verfranzte mich daraufhin heillos in den Straßen der Altstadt, die teilweise deutlich mehr als 20% Steigung oder Gefälle aufwiesen. Außerdem waren sie so eng, dass ein Wenden und teilweise auch ein Abbiegen mit unseren großen Fahrzeugen nicht möglich war. Nach einer guten Stunde Fahrt und einem Strafzettel über 30 US$ gab ich auf und fuhr zu einem Punkt kurz vor der Tunneleinfahrt zurück. Hier trafen wir noch drei weitere Fahrzeuge unserer Gruppe, die wir aufhielten; damit ihnen die Irrfahrt durch die Altstadt erspart blieb. Gerettet waren wir, nachdem wir einen jungen Soldaten angesprochen hatten, der sich kurzerhand bereiterklärte uns eine Militäreskorte zu besorgen, die uns an Tagesziel führte. Glück muss man eben auch haben.