Am Montag ging es gemeinsam zu den Ballesta-Inseln, die auch gerne als Klein-Gallapagos bezeichnet werden. Mit dem Bus ging es zunächst ca. 60 km zurück zu dem kleinen Küstenort Paracas, von wo aus wir mit einem offenen Schnellboot einen 45 Minuten dauernden Ritt über die Wellen des Pazifiks antraten. Die Fahrt war ein Erlebnis der besonderen Art. Sie führte uns an Puerto San Martin vorbei, wo wir das 180 m hohe und 70 m breite in den Wüstensand eingekerbte Bild des El Candelabro, eine einem Kerzenständer ähnliche Zeichnung, bewundern konnten. Als wir die Inselgruppe erreichten, war der Teil der Gruppe, der den hinteren Bereich des Schnellbootes besiedelte, tropfnass. So hatten wir uns das eigentlich nicht vorgestellt. Die mittägliche Sonne ließ uns aber bald wieder trocken werden und wir konnten die Vielfalt der hier lebenden Tiere bewundern. Hier leben vor allem tausende von Pelikanen, Guanay, Blaufußtölpel und Humbolt-Pinguine. In einer geschützten Bucht fanden wir außerdem eine riesige Kolonien von sich lauthals unterhaltenden Seelöwen.
Inzwischen war der Wind noch etwas stärker geworden und vom Land her nahm uns ein Sandsturm jede Sicht. Die Bootsführer mussten quer zu den Wellen kreuzten um die Boote stabil zu halten. Trotzdem wurden wir jetzt erst richtig nass. Die Seitenwand unseres Bootes bekam einen Riss und es wurde richtig spannend. Auf dem Schiff kam es beinahe zur Meuterei. Ein Teilnehmer unserer Gruppe stürmte nach vorn und riss den Gashebel zurück, um die Fahrt zu verlangsamen, was allerdings noch mehr Wasser ins Boot brachte. Nach einer guten Stunde erreichten wir das sichere Ufer. Nach einer kurzen, heftigen Diskussion beruhigten sich die Gemüter wieder und es ging mit dem Bus zurück nach El Carmen.
Bei den ganzen Aufregungen habe ich mir offenbar meinen Fotoapparat verstellt und heraus kamen nur einige Schwarzweißbilder.
Die letzten 215 km nach Lima standen für Dienstag auf dem Plan. Wir starteten gegen 8.30 Uhr, legten unterwegs an einer riesigen Shopping Male eine Pause ein und erreichten unseren Stellplatz ca. 20 km südlich von Lima gegen 14.30 Uhr. Der Rest des Tages verging mit den üblichen Tagesarbeiten.
Am Mittwoch konnte ich mich von unserer Nasszelle im Wohnmobil nicht trennen und Inge musste alleine die Stadtführung in Lima mitmachen. Lima ist eine riesige Stadt mit über 8 Millionen Einwohnern und wächst permanent. Die arme Landbevölkerung drängt in die City und lässt sie regelrecht ausfransen. Lima ist in seinem Ursprung eine Oase an der Mündung des Rio Rimac in den Pazifik. Wenn man vom Süden kommend die Stadt durchquert, fährt man über 70 km nur durch dicht besiedeltes Gebiet. An den Rändern findet man viele Armensiedlungen, die aber nicht mit den Slums und Gettos anderer Städte vergleichbar sind. Je näher man der Stadtmitte kommt, desto europäischer wird die Stadt. Viele Stadtbezirke könnten genau so gut in irgendwelchen europäischen Großstädten liegen. Die Altstadt von Lima ist geprägt durch die Kathedrale und schöne Kolonialbauten. Leider konnte unsere Gruppe die Kathedrale nicht von Innen besichtigen, da gerade ein Gottesdienst stattfand.
Als Inge von der Stadtbesichtigung zurück kam, hatte ich mich schon sichtlich erholt. Nun musste noch schnell die Reisetasche gepackt werden, denn am kommenden Morgen ging es in aller Frühe, Abfahrt 5.15 Uhr mit dem Bus zum Flughafen und dann ab in den Dschungel im Amazonas-Quellgebiet. Bei Starbucks auf dem Flughafen hatte man zwar etwas Probleme mit der Schreibweise unserer Namen, aber der Kaffee schmeckte.
Das Flugzeug brachte uns in gut drei Stunden von Lima nach Puerto Maldonado, im Südosten Perus. Von dort ging es dann mit dem Bus und in einer einstündigen Bootsfahrt auf den Rio Tambobata, einem Quellfluss des Amazonas, der bereits hier mehr Wasser führt als der Rhein, zu unserer Lodge Posada-Amazonas. Die Lodge ist vom Bootssteg aus nur über einen Fußweg von etwa 15 Minuten zu erreichen und liegt mitten im Regenwald. Die Zimmer sind auf Holzbalken etwa 60 cm über dem Boden gebaut, um Klein- und Kriechtiere fernzuhalten. Sie besitzen nur drei Wände und sind zum Urwald hin vollständig offen. Sie sind großzügig mit einer Hängematte zwei großen Betten und kalter Dusche ausgestattet, über die nachts ein Moskitonetz gespannt wird. Elektrisches Licht gibt es nur an der Rezeption und an der Bar. Die Zimmer und das Bad werden abends mit Petroleumlampen erleuchtet, die von einem Angestellten aber bereits wieder um 21 Uhr gelöscht werden. Danach steht nur noch das Licht von Haushaltskerzen und der eigenen Taschenlampen zur Verfügung. Da es bereits um 18 Uhr dunkel wird und das Unterhaltungsangebot sich in Grenzen hält, fällt man von den Tagesaktivitäten ermüdet, sowieso bald sanft in einen tiefen, erholsamen Schlaf. Es ist merkwürdig, aber die ungewohnten, eigentümlichen Geräusche aus dem Urwald haben uns in keiner Weise beunruhigt, im Gegenteil.
Die nächsten beiden Tage waren mit Spaziergängen in den Urwald ausgefüllt, bei denen uns von sehr kompetenten, jungen Guides die Fauna und Flora des Regenwaldes erklärt wurde.
Wir beobachteten natürlich Aras beim Salzschlecken, Springaffen bei ihren Wanderungen durch die Baumwipfel, Spinnen, Vögel, Schmetterlinge und sonstiges Getier jeder Art. Ein besonderer Spaß war natürlich das Piranaangeln. Auch ein Besuch bei einem Schamanen stand auf dem Programm, der uns die heilende und helfende Wirkung der unterschiedlichsten Kräuter näherbrachte.
Aber warm und schwül war es. Die geringste Bewegung führte zu spontanen Schweißausbrüchen, bei denen keine Faser trocken blieb. Die Tage im Urwald waren schön, aber wir freuten uns fast ausnahmslos am Sonntag auf den Rückflug in die Zivilisation. Der Regenwald verabschiedete uns formvollendet. Als wir zum Bootssteg aufbrachen, regnete es in Strömen, aber es half nichts, wir mussten durch; denn das Flugzeug würde mit Sicherheit nicht auf uns warten. Wir wurden zwar bis auf die Haut durchnässt, aber am Flugplatz in Puerto Maldonado waren wir schon fast wieder trocken.
Zurück in Lima wurden wir bei unseren Autos von den Zurückgebliebenen mit Musik und zwei Fässchen Kölsch, die Helmut aus seiner Heimatstadt am Rhein bis hierhin nach Peru transportiert hatte, empfangen. Es war immerhin Fastnachtsonntag und das musste ja gefeiert werden. Es wurde ein echt närrischer Abend.
In den nächsten Tagen werden wir nun auch schon Peru den Rücken kehren und Ecuador unsere Aufwartung machen. Ich möchte daher noch einige Sätze zu unserem jetzigen Gastland schreiben, dass ich mir ganz anders vorgestellt habe. Wie ich es mir vorgestellt habe, weiß ich inzwischen selbst nicht mehr so genau. Das Leben der Menschen hier in Peru ist von Gegensätzen geprägt. Teilweise wohnen die Familien wie vor 500 oder 1000 Jahren in kleinen beengten Adobe-Häusern. Die Wände sind aus luftgetrockneten Lehmziegeln gemauert und das Dach ist mit Schilf oder Binsen gedeckt. Meist haben die Häuser nur einen Raum und die Feuerstelle befindet sich außerhalb. Wenige Hundertmeter entfernt davon findet man moderne Wohnungen, wie man sie überall auf der Welt sehen kann. Bei der Fahrt durch dieses südamerikanische Land kommt man in den Küstenregionen durch die trockensten Wüsten der Erde, während man auf dem Altiplano in 3800 bis 4200 am Titikaka-See fruchtbare Ebenen erleben kann, auf denen Mais, Kartoffeln und Andenkorn angebaut oder auf denen Viehwirtschaft betrieben wird. Im Hochland scheint mir noch eine archaisch, konservativ geprägte Gesellschaftsordnung zu herrschen, bei denen die Frauen die Hauptlast der täglichen Arbeit zu tragen haben. Dort werden auch noch die von vielen Werbebroschüren, gleichgültig ob sie für Tourismus- oder Hilfsorganisationen werben, her bekannten Trachten getragen. In den größeren Städten kann man die uniformierte, moderne Gesellschaft der westlichen Welt beobachten. Überwiegend sind die Menschen hier jedoch sehr, sehr arm. Die Bildung scheint besonders auf dem Land noch sehr im Argen zu liegen. Auch das Klima macht keine Ausnahme und kann gegensätzlicher kaum sein. Auf engstem Raum findet man von alpinem Gebirgsklima bis zum schwülheißen Tropenwetter alles, was man sich vorstellen kann. In einem fanden wir jedoch keinen Unterschied. In ganz Peru sind die Menschen unheimlich nett und freundlich zu uns gewesen. Selbst die Queen von England findet bei ihren Fahrten durch ihr Land mit Sicherheit nicht mehr Menschen die ihr in ihrer Karosse zu winken als wir in unseren Wohnmobilen bei der Fahrt durch die Städte und Dörfer Perus. Nur etwas ist uns besonders schlecht in Erinnerung. Es begann schon in Nordchile. Der Dreck an den Straßenrändern nahm mit jedem Kilometer den wir weiter nordwärts fuhren zu. Streckenweise hatten wir den Eindruck über eine Müllhalde zu fahren.
Es gäbe mit Sicherheit noch viel mehr über Peru zu berichten, aber wir brauchen auch noch etwas, was wir euch erzählen können, wenn wir wieder zuhause sind.