Montag war der letzte Fahrtag für das Jahr 2009. Inzwischen trennen uns über 7000 km von Buenos Aires. Die Tagesreise ging von El Bolson nach San Carlos de Bariloche in der Argentinischen Schweiz. Die Ruta 40, die wir seit vergangenem Samstag wieder befahren, führte uns durch herrliche Landschaftsbilder an tiefblauen Seen und schneebedeckten Bergen vorbei in den Parque National Nahuel Huapi, der das Gebiet rund um den gleichnamigen See umfasst. Die Strßse war kilometerlang gesäumt von bunten Lupinien und üppig blühenden Ginsterbüschen.
So etwas haben wir noch nicht gesehen und es ist wirklich schwer, dieses Bild zutreffend zu beschreiben. Um San Carlos de Bariloche und den Nationalpark entstand seinerzeit das erste Touristenzentrum Patagoniens. Bariloche, wie es von den Einheimischen kurz genannt wird, ist eine schnell wachsende Stadt, deren Einwohnerzahl sich in den letzten 20 Jahren vervierfacht und auf heute ca. 90000 Bewohner angewachsen ist.
Leider war uns der Wettergott mal wieder nicht ganz hold und es schauerte immer wieder. Auch mit den Temperaturen waren wir nicht ganz so einverstanden Wir haben unseren Platz für die nächsten Tage auf dem etwas außerhalb der Stadt gelegenen herrlichen Campingplatz Petunia mit hohem alten Baumbestand, direkt am Lago Nahuel Huapi gelegen, gefunden.
Nach fast 24 Stunden ununterbrochenen Regen hellte sich am Dienstagmittag der Himmel etwas auf und wir beschlossen, die Innenstadt von San Carlos de Bariloche zu erkunden. Es ging mit dem öffentlichen Bus über 13 km am See entlang zum Centro Civico (Bürgerzentrum). Von hier aus schlenderten wir die Mitre, die Haupteinkaufsstraße von Bariloche, entlang, versuchten die Kathedrale zu besichtigen, die aber leider geschlossen war und ließen uns schließlich von einem kleinen Café in einer Seitenstraße zu einem prächtigen Stück Sahnetorte mit Kaffee verführen.
In der Innenstadt findet man auch viele Geschäfte, die sich auf Schokolade spezialisiert haben. Das größte Angebot fanden wir im Turista. Schier unermesslich schien hier die Vielfalt der angebotenen Schokoladensorten und sonstigen Süßigkeiten. Daneben bietet dieser Laden auch noch alle möglichen sonstigen Feinkostartikel an und es ist unmöglich, dieses Geschäft wieder zu verlassen, ohne etwas gekauft zu haben. Wir entschieden uns nicht für Schokolade, sondern für etwas Herzhaftes aus dem Feinkostsortiment der deutschstämmigen Familie Weiss, die hier in Bariloche fertigt und für ihre Qualität bekannt ist. Nach wenigen Stunden war das schöne Wetter schon wieder vorbei und es ging zurück zum Campingplatz.
Welch ein Unterschied zum Vortag. Als wir am Mittwoch die Augen auf machten, lachte die Sonne und der Wind war kaum noch zu spüren. Um 9 Uhr starteten wir unseren Ausflug zum Cerro Campanario. Der Sessellift brachte uns in einer 10minütigen Fahrt auf den Berg und wir genossen einen umwerfenden Ausblick auf die sich um den Berg gruppierenden Seen Lago Perito Moreno Este, Lago Perito Moreno Qeste, Brazo und Campanario und die sie begrenzende, teils schneebedeckte Bergwelt.
Jedes Foto hätte man als Postkartenmotiv verwenden können und es war geradezu unmöglich schlechte Bilder zu machen. Anschließend fuhren wir mit einem Teil unserer Gruppe noch zum nahegelegenen Nationalpark Llao-Llao und machten einen zweistündigen Spaziergang, bevor wir uns im Hotel Llao-Llao, dem angeblich besten Hotel Argentiniens, zu Lunch zusammenfanden.
Der Abend war dann noch einmal ein besonderes Ereignis im Jahre 2009. Gemeinsam mit allen Händen und Köpfen, die Inge und mir bei unserer Panne Anfang des Monats geholfen hatten, nahmen wir im Restaurant Butterfly ein Siebengangmenü zu uns und tranken dazu wirklich hervorragende Weine.
Der Donnerstag, Silvester, war dann noch einmal ein echter Arbeitstag. Nachdem ich einem Freund bei der provisorischen Reparatur seines Außenspiegels geholfen hatte, setzte ich mich an meinen Laptop und trug alle Fakten und Belege in Zusammenhang mit unserer Panne zusammen, um daraus unsere Ansprüche gegenüber Fiat zu formulieren. Wir haben die Angelegenheit unserem Rechtsbeistand übergeben und sind selbst auf das Ergebnis gespannt.
Den Jahresanfang 2010 haben wir mit allen Tourteilnehmern im Restaurant des Campingplatzes gleich zweimal gefeiert. Das erste Mal stießen wir um 20 Uhr Ortszeit (0 Uhr MEZ) auf das neue Jahr an. Zu Hause nennen wir immer die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ‚Zwischen den Jahren'. In diesem Jahr waren für uns die Stunden von 20 bis 0 Uhr aber wirklich so etwas wie eine Zeit zwischen den Jahren. Wir wussten, dass unsere Lieben zu Hause bereits das Jahr 2010 begonnen hatten, wir aber noch etwas das gar nicht so schlechte Jahr 2009 genießen durften. Wir nutzten die Zeit, um ein schmackhaftes Menü zu genießen, Wein zu trinken und über einige Sketcheinlagen herzlich zu lachen. Die Zeit verging rasend schnell und schon konnten wir erneut, dieses Mal nach hiesiger Zeit, auf das Jahr 2010 anstoßen.
Am Neujahrsmorgen ging es nach einem guten Frühstück wieder auf Achse. Unsere Autos und wir waren geradezu wild darauf, wieder eine neue Landschaft zu erkunden. Von Bariloche aus umfuhren wir den Lago Nahuel Huapi an seiner nördlichen Flanke und erreichten nach ca. 100 km die chilenische Grenze. Wir alle sind inzwischen geübte Grenzgänger und die Pass- und Zollformalitäten bewältigten wir routiniert und ohne Probleme. Nach weiteren 100 km, die uns unter anderem über einem 1300 m hohen Pass führten, erreichten wir erstmals seit unserer Ausfahrt aus Buenos Aires eine Autobahn, auf die wir in südlicher Richtung einbogen. Unser Tagesziel war der kleine Ort Frutillar (Erdbeerweiler) am Lago Llanquihue. Der Ort wurde 1856 von deutschen Einwanderern gegründet. Er beherbergt das Museo de la Colonización Alemania, ein dekoratives Freilichtmuseum mit luxuriösen Holzbauten. Es präsentiert die angeblichen deutschen Eigenschaften ‚Wohlstand', ‚Ordentlichkeit' und ‚Disziplin', zeigt aber wenig von den Strapazen und Mühen der wirklichen Kolonisation. Der Ort lebt überwiegend vom Tourismus und in den teils aufwendig wiederhergestellten Häusern im schweizerisch/süddeutschen Stil wird Schwarzwälder Torte, Kassler mit Sauerkraut und vieles mehr angeboten, was die Chilenen für typisch deutsch halten.
Das Kulturzentrum, das eigentlich im Winter 2006/2007 fertig gestellt werden sollte, ist immer noch ein Rohbau ohne Estrich und Verputz. Es wird allerdings von den Menschen schon rege genutzt. In dem kleinen Konzertsaal, durch dessen Fensterfront man einen wunderbaren Blick auf den See und bei gutem Wetter auf den Vulkan Osorno genießen kann, finden Ende Januar die Semanas Musicales statt. Orchester und Ballettkompanien aus dem ganzen Land und von überall in der Welt reisen an, um in 10 Tagen ihre oft recht anspruchsvoll Erfolgsproduktionen zu zeigen.
Am Samstag ging es noch einmal rund 50 km Richtung Süden nach Puerto Montt. Am Pazifischen Ozean. Die Stadt, mit ihren rund 150.000 Einwohnern, lebt vom Fischfang und zunehmend auch von Tourismus. Viele Kreuzfahrtschiffe, aber auch die meisten Weltumsegler legen hier einen Stopp ein. Unser Besuch galt vor allem dem Fischmarkt, wo wir uns mit frischen Fisch und Muscheln eindeckten und in einem klitzekleinen Restaurant in der Markhalle eine Stärkung zu uns nahmen. Anschließend richteten wir unseren Weg wieder nach Norden. Puerto Varas am Lago Llanquihue war unser Ziel. Auf der Fahrt dorthin, hatten wir ständig den Blick auf den Osorno gerichtet. Die morgendlichen Wolken waren dabei sich zu verziehen und die weiße Haube des Vulkans wurde immer besser sichtbar.
In Puerto Varas machten wir einen kurzen Spaziergang durch die Stadt und ließen uns anschließend von Rita zu einem leckeren Eis einladen. Die Fahrt zu unserem Übernachtungsplatz führte uns am südlichen Ufer des Lago Llanquihue entlang und dann weiter zum westlichsten Zipfel des Lago de Todos Los Santos. Dieser See war ursprünglich ein Teil des Lago Llanquihue und wurde nach einem Vulkanausbruch des Osorno von ihm abgetrennt. Kurz vor dem Ziel legten wir noch einen Fotostopp am Saltos Petrohué im Nationalpark Vicente Perez Rosales ein. Hier genossen wir den herrlichen Blick über die Stromschnellem hin zum Osorno. Am See standen wir im Schatten des Vulkans, mit direktem Blick auf das Wasser und ließen es uns gut ergehen. Zum Abendbrot gab es die mittags in Puerto Montt erworbenen Muscheln, gedünstet in einem Weißwein/Knoblauchsud. Es war köstlich.
Der Sonntag war wieder ein großer Fahrtag. Es ging über rund 380 km vom Lago Llanquihue nordwärts zum Lago Calafguen, wo wir kurz vor 16 Uhr eintrafen. Die Fahrt war bis auf die ersten 6 km, die über eine sehr schlechte Schotterpiste führten, problemlos und einfach zu fahren. Der größte Teil führte über die chilenische Ruta 5, die hier auch offiziell Panamericana heißt.
Den Höhepunkt des Tages brachten dann die Abendstunden mit einem Besuch in den Termas Geometricas, einem herrlichen Naturthermalbad. Es liegt in der Nähe des noch immer aktiven Vulkans Villarrica. Die Anfahrt unternahmen wir vom Campingplatz aus gemeinsam mit einem Bus; denn der Weg dorthin führte über eine teilweise abenteuerliche Piste, die keiner mehr seinem Auto zutrauen wollte. Der Villarrica zeigte sich dabei von seiner Honigseite mit weißer Haube und einer kleinen Rauchfahne. Leider konnten wir nicht anhalten um dieses Bild zu konservieren.
Das Thermalbad selbst liegt in einer engen Schlucht, an deren Ende ein kräftiger Wasserfall etwa 20 m in die Tiefe stürzt.
Die Temperaturen in den einzelnen Becken bewegten sich zwischen 35 °C und 39 °C. Ganz harte Mädels und Kerle aus unserer Gruppe stellten sich auch unter den Wasserfall, der allerdings nur eine Temperatur von 6 °C hatte. Der Abend verging rasend schnell. Kurz vor 21 Uhr traten wir die Rückreise zu unseren Wohnmobilen an.