Die Kamele sind gesattelt, die Karawane zieht los

29.11.2009 Gaiman
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Endlich war es so weit. Am Montag ging es wie angekündigt um 12 Uhr zu Hafen. Zwei Mitarbeiter vom Grimaldi hatten die Aufgabe, uns bei der Abwicklung der Formalitäten zu assistieren. Insgesamt waren auf dem Schiff 26 Wohnmobile, davon 12 von unserer Gruppe. Lange blieb es unklar, ob alle Tourteilnehmer noch am Montag das Wohnmobil aus dem Hafen holen können. Es war bereits nach 17 Uhr und wir warteten noch immer. Die Skepsis wuchs, aber plötzlich ging alles sehr schnell. Die Fahrzeuginhaber wurden mit einem Bus zu einer Halle auf dem Hafengelände gefahren. Dort standen sie nun, unsere heiß herbei gesehnten Fahrzeuge. Alle Autos hatten die Odyssee gut überstanden.



Wir mussten noch zwei kurze Kontrollstellen an der Hafenausfahrt passieren. Erst jetzt hatten wir das Gefühl, wirklich in Argentinien angekommen zu sein. Direkt anschließend lotsten uns Janette und Uwe ganz souverän durch die Stadt und es ging in einer großen Kolonne zu einem riesigen Supermarkt, wo wir die wichtigsten Dinge für die nächsten Tage einkaufen konnten. Unsere erste Nacht im eigenen Bett verbrachten wir dann auf einem Parkplatz in Puerto Madero. Dort war es zwar nicht besonders ruhig, aber ich glaube, die Meisten haben trotzdem einen zufriedenen Schlaf gefunden.



Am Dienstagmorgen hieß es dann Abschied von Buenos Aires zu nehmen und es ging recht früh auf unsere erste Etappe. Es waren 640 km nach Monte Hermoso zu bewältigen. Außerdem wollten wir die Stadt vor dem einsetzenden Berufsverkehr hinter uns gebracht haben. Nach wenigen hundert Metern blies das Fahrzeug eines Mitreisenden plötzlich blauen Qualm aus. Die erste Panne war eingetreten. Zum Glück hielt sich der Schaden in Grenzen und das Fahrzeug konnte in einer Werkstatt nach wenigen Stunden wieder fit gemacht werden.
Der Rest der Gruppe fuhr jedoch wie geplant Richtung Süden. Schnell bildeten sich kleine Gruppen, die gemeinsam die Teilstrecken fuhren. Uns schlossen sich zunächst Wolfgang und Rita und später bei einer kurzen Rast auch Peter und Liesel an.
Nach etwa einer Stunde hatten wir das Verkehrschaos der Metropole verlassen und es ging ab in die Pampa. Das Wetter war schlecht.



Die Wolken wurden dichter und es fing an zu regnen. So blieb es dann auch für den Rest des Tages. Ich hätte nie geglaubt, dass die Pampa wirklich so sprichwörtlich langweilig ist, aber es trifft zu. Kein Berg, kein Hügel. Ab und an ein paar Bäume. Sonst nur Felder, Weiden und Rinder und dies über hunderte von Kilometern.
Gegen 18 Uhr erreichten wir unser Tagesziel. Den Abend haben wir dann damit verbracht, unser Auto wieder aufzurüsten und wohnlich zu gestalten. Nach einem guten Stück Fleisch und einer noch besseren Flasche Wein ging es dann ab in die Koje.
Mittwochmorgen hatte sich das Wetter sichtbar gebessert. Erst jetzt konnten wir die Schönheit des Platzes am Meer, an dem wir die Nacht verbracht hatten bewundern. Gut ausgeschlafen machten wir uns nach dem Frühstück auf den Weg Richtung Viedma und dann weiter zur Küste zu unserem nächsten Etappenziel. Unterwegs mussten wir zwei Lebensmittelkontrollen passieren. Akribisch wurde geprüft, dass wir keine frisches Obst und kein rohes Fleisch an Bord hatten. Die Provinzen wollen damit erreichen, dass zum einen die Fruchtfliege nicht eingeschleppt wird und zum anderen die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche begrenzt wird.



In Viedma überquerten wir auf einer alten Eisenbahnbrücke den Rio Negro. Dabei verließen wir die Provinz Buenos Aires und erreichten die Provinz Rio Negro. Es waren jetzt nur noch wenige Kilometer bis zum Erreichen unseres Übernachtungsplatzes unmittelbar an der Steilküste des Atlantiks. Bevor wir es uns jedoch für den Abend bequem machten, ging es noch ca. 30 km an der Küste entlang zu einer riesigen Seelöwenkolonie. Leider waren wir etwas spät und der Naturpark war bereits geschlossen, aber mit unseren treuen Augen konnten wir die junge Dame der Parkverwaltung überzeugen, uns wenigstens für wenige Minuten bis zur Abrisskante vorzulassen und die Tiere zu bewundern.



An dieser Stelle möchte ich die Freundlichkeit der Menschen hier in Patagonien erwähnen. Wir werden immer wieder gefragt, woher wir kommen und was unser Ziel ist. Es scheint die Leute hier wirklich zu freuen, dass Menschen aus Europa kommen und ihr Land bereisen. Mit unseren beschränkten Sprachmöglichkeiten, aber mit viel gutem Willen und gesunden Händen und Füßen kommt dann doch so etwas wir eine Kommunikation zustande. Auch auf den Straßen werden wir immer wieder mit der Lichthupe begrüßt und die Fahrzeuginsassen winken uns.
Nach der Rückfahrt auf der doch recht holprigen Straße zu unserem Übernachtungsplatz haben wir schnell zu Abend gegessen und uns dann zu unserem ersten Briefing unter freiem Himmel getroffen. Leider hat ein kräftiges Gewitter unserem Zusammensein ein relativ schnelles Ende bereitet.







Nach einem Gutenachttrunk sang uns das Rauschen der Wellen sanft in den Schlaf. Früh am Donnerstagmorgen starteten wir zu unserer dritten Etappe mit Ziel "Peninsula Valdes". Eigentlich wollte ich ja sofort Tanken, aber irgendwie sind wir dann an der Tankstelle vorbeigefahren. Als nach über 50 km keine weitere Tankstelle mehr auftauchte, wurde mir doch etwas mulmig. Ich hatte noch für gut 90 km Diesel im Tank und wollte mich gerade auf den Rückweg zur Tankstelle machen, als Wolfgang anhielt und mich von meinen Sorgen befreite. Es dauerte dann auch tatsächlich noch über 100 km bis wir eine Tankstelle erreichten. Jetzt sind alle Tanks und Kanister gefüllt, so dass mir mit Sicherheit dies nicht mehr passieren wird.
Die Fahrt ging auf der Ruta 3 weiter durch die endlose Weite der patagonischen Pampa, die mich hier sehr stark an die Nullarbor Wüste in Australien erinnerte. Die Straßen führten jetzt nur noch geradeaus und verschwanden irgendwo am Horizont. Auf dieser, auch von vielen LKWs befahrenen Fernstraße, findet man immer wieder einzelne oder auch Ansammlungen von kleinen, roten Altären, vor denen viele rote Fahnen wehen und an denen vereinzelt auch Kerzen brennen.







Diese Altäre werden von den Fernfahrern aufgestellt und geschmückt. Die Geschichte von Antonio Gil, die sich dahinter verbirgt erzählt von einem Gaucho, der sich als Soldat weigerte auf eigene Leute zu schießen und deshalb standrechtlich zum Tode verurteilt wurde. Da ihm ein ordentliches Gericht verweigert wurde, sprach er einen Fluch über den Sohn seines Henkers aus. Dieser erschoss ihn trotzdem. Als der Henker nach Hause kam war sein Sohn schwer erkrankt. Daraufhin errichtete der Henker einen Altar zu Ehren von Antonio Gil, woraufhin sein Sohn wieder gesund wurde. Seither gilt Antonio Gil als Schutzpatron der Fernfahrer, die Altäre errichten, damit zu Hause alles gesund bleibt. Gegen 19.45 erreichten wir Puerto Pyramides, den kleinen Hauptort der Halbinsel Valdes. Hier trafen wir dann auch auf unsere Vorausmannschaft, die Ihre Fahrzeuge bereits mit früheren Schiffen über den Atlantik geschickt und das Warten in Buenos Aires nicht mehr ausgehalten haben. Den Freitagmorgen haben wir dann noch einmal benötigt um unser Auto in den Zustand zu versetzen, den wir uns für die nächsten Monate vorstellten. Am Nachmittag stand "Whale Watching" auf dem Programm. Um 14 Uhr ging es zum Hafen und dort in ein großes Schlauchboot mit drei kräftigen Außenbordmotoren, das uns hinaus zu den Walen brachte. Wir hatten sagenhaftes Glück. Das Wetter war phantastisch und die See war ruhig. Jetzt in der zweiten Novemberhälfte sind die Walkälber schon recht gut herangewachsen und werden in wenigen Tagen gemeinsam mit den ausgewachsenen Tieren die Reise in die Gewässer der Antarktis antreten. Da die Südkaper Wale hier an der argentinischen Küste seit Jahrzehnten nicht mehr gejagt werden dürfen, hat sich Ihre Population erholt und die Tiere fühlen sich sicher. Das erlaubt es den Bootführern sehr nahe an die Tiere heranzufahren, ohne sie zu erschrecken und erlaubt es uns, unglaubliche Eindrücke zu gewinnen. Wir konnten ungestört die Kälber beim Spiel beobachten und die Muttertiere tauchten nur wenige Meter von uns entfernt in tiefere Wasserschichten um Nahrung zu suchen.







Dabei wurde uns ein faszinierendes Schauspiel geboten, wenn sich die riesige Schwanzflosse kerzengerade aus dem Wasser erhebt um dann in der Tiefe zu verschwinden. Ich hätte nie geglaubt, dass man so etwas so unmittelbar erleben kann. Es müssen mehrere Dutzend Tiere um uns herum gekreist sein und man konnte den Eindruck gewinnen, dass nicht wir die Wale, sondern diese uns beobachtet haben. Dieser Tag war mit Sicherheit schon einer der Höhepunkte dieser Reise, den man nicht vergessen wird.
Am Samstag machten wir dann eine Rundfahrt mit unserem Wohnmobil über die Halbinsel. Die Fahrt führte uns über 216 km reine Schotterpiste zunächst zur Punta Norte, wo wir Seelöwen beobachten konnten und anschließend die Ostküste entlang, wo wir einer Pinguinkolonie einen Besuch abstatteten.



Während die etwa 35 bis 40 cm großen Weibchen der Magellan-Pinguine in Ihren Höhlen brüteten, standen die Männchen davor und hielten Wache. Der anschließende Besuch auf der Estanzia Elvira war ein Reinfall. Ursprünglich wollten wir hier eine Kleinigkeit zu Mittag zu uns nehmen, aber das angebotene Buffet sah wenig einladend aus, so dass wir uns mit einer Tasse Kaffee begnügen wollten. Aber auch dieser war ungenießbar und wir zogen uns in unser Auto zurück und brühten selbst unseren Kaffee auf.
Am Sonntag war der erste Reisetag unserer gesamten Gruppe. Das Ziel war das ca. 175 km entfernte Gaiman, wo wir uns auf einem Campingplatz wieder zusammenfanden. Unterwegs waren wir noch in Trelew in einem Einkaufszentrum, um unsere Vorräte zu ergänzen. In diesem Einkaufszentrum war auch ein Cafe, das einen kostenlosen Internetzugriffpunkt zur Verfügung stellte. Zeitweise saß über die Hälfte unserer Gruppe hier mit ihren Laptops, telefonierte über Skype mit der Heimat, lasen die neuesten Emails, vervollständigte die Homepages oder surfte einfach im Internet. Anschließend hatten wir eine Führung im paläontologischen Museum, das wichtigste seiner Art auf dem südamerikanischen Kontinent. Die Ausstellung gibt einen schönen Abriss der erdgeschichtlichen Entwicklung, mit dem Schwerpunkt der Entwicklung im Bereich der heutigen Pampa.
Gaiman ist eine Gründung wallisscher Arbeiter und das ist noch heute zu spüren. Am deutlichsten erkennt man es bei einem Besuch in dem kleinen Teehaus (Ty Te Caerdydd). Das Cafe liegt in einem zauberhaften, herausgeputzten kleinen Park im englischen Landhausstil. Dort wird bereits ab 16 Uhr der "five a clock tea" mit viel köstlichem Kuchen serviert.

Auf dem Campingplatz in Gaiman fand am Sonntagnachmittag ein Gauchofest statt, auf dem die ankommenden Alemans die Attraktion waren. Egal ob Deutscher, Schweizer, Holländer oder Österreicher, alle waren Alemans, was denen natürlich gar nicht so behagte. Einige unserer Gruppe durften eine Ehrenrunde mit dem Pferd auf dem Festplatz reiten und erhielten natürlich den Beifall der Einheimischen.

Daniel hat allerdings eindeutig den Vogel abgeschossen, als er hier mitten in der argentinischen Pampa sein Alphorn auspackte und zu Gaudi aller eine Kostprobe seines Könnens gab. Den Abschluss des Tages bildete ein Asado. Dabei werden ganze aufgeklappte Schafe, Ziegen oder auch Rinderteile auf ein Eisenkreuz gespannt und über einem Bodenfeuer ganz langsam gegrillt. Ursprünglich ist das die Art, wie sich die Gauchos draußen auf den Weiden ihr Fleisch zubereiteten. Heute ist es aber so etwas wie ein argentinisches Nationalgericht, bei dem neben den ganzen Tieren auch noch Würste gegrillt und Salate gereicht werden.

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